Nach 26 Jahren fertig: Die Koralmbahn ist sein Lebenswerk
Klaus Schneider beim Tunneldurchschlag
Bei Klaus Schneider laufen seit fast 30 Jahren alle Schienen zusammen, wenn es um die Koralmbahn geht. Der 62-Jährige war von Beginn an Projektleiter der ÖBB für das Projekt.
KURIER: Wie oft haben Sie das Projekt adaptiert? Damit es nicht, wenn man eröffnet, 20 Jahre zu alt ist?
Klaus Schneider: Die Grundfesten des Projektes kann man nicht verändern, sonst hat man ein Problem mit der Genehmigungssituation. Die Trassenauswahl haben wir Ende der 1990er gemacht, dann Rechtsverfahren durchgeführt, damit wir auch einen Baubescheid kriegen. Auf der Basis haben wir dann gebaut. Das heißt, man hat nur einen eingeschränkten Spielraum für Veränderungen. Trotzdem muss ich vor allem Sicherheitsthemen immer an den Stand der Technik bringen, ebenso Hightech-Anlagen der bahntechnischen Ausrüstung.
Haben sich die Krisen und Teuerung der vergangenen Jahre nie ausgewirkt?
Doch, natürlich. Wir haben die Pandemie am Ende erlebt. Wir hatten für März 2020 unseren zweiten Tunneldurchschlag geplant: Ein paar Wochen vorher wurde die Baustelle eingestellt. Wir haben den Durchschlag im Juni geschafft, aber mit zwei Monaten Verzögerung.
Und die Preissteigerungen?
Unsere Annahme für das Gesamtprojekt war im Jahr 2004/2005 5,4 Milliarden Euro. Und jetzt sind wir bei für den vergleichbaren Projektumfang bei 5,5 Milliarden, also praktisch eine Punktlandung. Für 400 Millionen Euro hat es dazwischen dann noch eine Zusatzbestellung gegeben, das heißt, unser Gesamtvolumen ist heute 5,9 Milliarden Euro.
Diese 400 Millionen waren der Ausbau beim Flughafen Graz-Thalerhof?
Der gesamte Streckenabschnitt von Feldkirchen bis Wundschuh, der Flughafenast, war im Urprojekt noch nicht enthalten. Er war zwar inhaltlich immer ein Teil des Projektes, aber zunächst noch nicht finanziell bedeckt.
Aber die berühmte Haltestelle am Flughafen Graz gibt es noch immer nicht.
Es gibt ja bereits eine Haltestelle an der bestehenden Südbahn, nur wenige Hundert Meter vom Flughafen entfernt. Aber das wird oft vergessen. Sie ist elf Minuten Fahrzeit vom Hauptbahnhof Graz entfernt. Diese Haltestelle wird nächstes Jahr auch barrierefrei ausgebaut, die Bahnsteige werden verlängert, ein Vorplatz mit Busbereich wird geschaffen.
Die Koralmbahn geht am Sonntag in den Regelbetrieb
Herzstück ist der Koralmtunnel. Hat es Schwierigkeiten mit dem Berg gegeben? Man kennt das vom Semmering, wo es Wassereinbrüche gab.
Die Geologie beim Koralmtunnel ist deutlich einfacher als beim Semmering. Die Koralpe ist rein von der Geologie her ein massiver Kristallinblock, ein hartes Gestein. Und hartes Gestein ist grundsätzlich für einen Tunnelvortrieb gut, weil der Berg sich selbst trägt, sehr vereinfacht ausgedrückt. Geologisch schwieriger war es auf der Kärntner Seite, weil die Koralpe dort steil abfällt. Es ist sehr viel Energie in die Vorerkundung geflossen. Trotzdem war der maschinelle Tunnelvortrieb dann deutlich anspruchsvoller als erwartet, die Tunnelbohrmaschinen sind mehrfach stecken geblieben, was auch zu etwas längerer Bauzeit geführt hat. Aber das ist Tunnelbau, das sind wirkliche Abenteuer.
Sonderfahrten: Am Freitag (12. 12.) gibt es mehrere Sonderfahrten aufder Strecke. Die 5.500 Tickets waren in kurzer Zeit weg. Die ÖBB lassen das Buchungssystem offen, falls es Stornierungen gibt.
Feste: Um 10 Uhr starten die Eröffnungsfeiern auf den Bahnhöfen in Graz und Klagenfurt. Dazu haben sich unter anderem Bundespräsident Alexander Van der Bellen sowie Bundeskanzler Christian Stocker angesagt.
Abgesehen von den Dimensionen, was ist für Sie das Besondere an dem Projekt?
Man erschließt hier Räume neu und schafft eine völlig neue Lebensrealität für die Menschen, die hier leben. Wenn man dann zwischen zwei Landeshauptstädten 41 Minuten oder 54 Minuten hin und her fährt, sind das ähnliche Fahrzeiten von einem Wiener Randbezirk in die Stadt. Das Zweite ist die lange Projektlaufzeit und die Nachhaltigkeit, die so eine Verkehrsinfrastruktur generell hat. Wir fahren heute am Semmering auf einer fast 170 Jahre alten Infrastruktur mit unseren Railjets, elektrifiziert. Ghega (Planer der Semmeringbahn, Anm.) hat sich so etwas mit Sicherheit nicht vorstellen können. Und auch wir stellen jetzt etwas her, wo wir uns nicht gänzlich vorstellen können, welche Fahrmittel in 50 oder 100 Jahren dort fahren. Diese Langfristigkeit eines solchen Projektes ist schon etwas Faszinierendes.
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