Buben überlebten durch Eingriff im Mutterleib

Philipp Klaritsch mit Alexander (li.) und Dominik: Die Buben sind gesund und werden heute ein Jahr alt.
Steiermark: Alexander und Dominik überstanden Komplikation mit Laser-Operation.

Dominik brabbelt vergnügt etwas vor sich hin, das wie "Auto" klingt. Die Ärmchen seines um fünf Minuten älteren Bruders Alexander werden unterdessen immer länger. Zu verlockend sind die bunten Mikrofone da vor ihm auf dem Tisch.

Die Zwillinge aus dem weststeirischen Voitsberg werden heute, Freitag, ein Jahr alt. Dass ihre Eltern und Verwandten mit ihnen feiern können, verdanken sie einer Operation noch im Mutterleib: In der 22. Schwangerschaftswoche war der Eingriff mittels Sonde, Mini-Kamera und Laser nötig, weil beide Kinder wegen des sogenannten feto-fatalen Transfusions-Syndroms in Gefahr waren.

Solche Komplikationen können bei Zwillingsschwangerschaften auftreten, bei denen sich die Föten eine Plazenta teilen. Von österreichweit rund 430 eineiigen Zwillingsschwangerschaften pro Jahr fallen zwei Drittel in diese Kategorie. In durchschnittlich 30 Fällen tauchen Komplikationen auf wie bei Alexander und Dominik: Wegen gemeinsamer Blutgefäße wird ein Kind über-, das andere unterversorgt. "Unerkannt und unbehandelt geht das für beide Kinder meistens tödlich aus", beschreibt Arzt Philipp Klaritsch.

Blutgefäße verödet

In Cornelia Rößls Fall wurde die Dramatik rechtzeitig durch Fruchtwasser-Kontrollen erkannt. Klaritsch führte den rettenden Eingriff am LKH Graz durch: Unter örtlicher Betäubung wurde ein drei Millimeter dünnes Instrument in den Bauch der Schwangeren eingeführt. Mithilfe einer Kamera suchte Klaritsch nach jenen Blutgefäßen, die sich die Zwillinge teilten, und verödete sie mit einem Laser.

Danach begann das Warten. "Auch die Ärzteschaft steht da unter großer Spannung. Das Risiko ist immer da, das so etwas nicht klappt", schildert Klaritsch. In einem Drittel der Fälle sei einer der Föten nämlich schon so schwach, dass er den Eingriff nicht übersteht. Außerdem bestehe bei dieser Operation auch die Gefahr eines vorzeitigen Blasensprungs und damit einer Frühgeburt. "Das ist die Hauptsorge. Man macht ja ein Loch in die Fruchtblase."

Beide Herzen schlugen

Doch bei Alexander und Dominik ging alles gut. Einen Tag nach dem Eingriff konnte Cornelia Rößl die Herzen beider Söhne im Ultraschall kräftig schlagen sehen. "Für mich war die Diagnose am Anfang schon ein Schock", erinnert sich die 25-Jährige. "Als Mutter verdrängt man ja solche Komplikationen. Die Anspannung war groß."

Die Grazer Klinik ist eine von rund einem Dutzend in Europa, an denen dieser Eingriff durchgeführt wird. Hier gibt es seit 2011 sogar ein eigenes Kompetenzzentrum dafür, das ist einzigartig in Österreich. 20 Patientinnen werden pro Jahr behandelt.

Die Lasertechnik ist eine junge Disziplin, die sich erst ab 2004, ausgehend von Londoner Spezialisten, durchsetzte. Zuvor behalfen sich Mediziner damit, Fruchtwasser abzulassen. "Das hat ein bisschen geholfen, war aber keine Behandlung der Ursache", betont Klaritsch.

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