Zweitwohnsitze vermutet: Bürgermeister will Hotel-Bau stoppen

Tourismusgemeinde Bad Gastein: Jede dritte Meldung ist ein Zweitwohnsitz
Behörde verhängte Bausperre, Projektbetreiber überlegt rechtliche Schritte / Anwalt bezweifelt Rechtmäßigkeit.

Wie in vielen Tourismusgemeinden sind in Bad Gastein Zweitwohnsitze ein heikles Thema. Rund ein Drittel aller gemeldeten Einwohner haben einen Nebenwohnsitz angegeben. Kaum leistbare Grundstückspreise für die einheimische Bevölkerung werden oftmals mit der Nachfrage nach Immobilien für die Freizeitnutzung von Gästen begründet. Einige Salzburger Gemeinden versuchen dem gegenzusteuern, etwa mit sogenannten Baulandsicherungsmodellen.

Gerhard Steinbauer, Bürgermeister von Bad Gastein, hat laut einem Bericht des ORF Salzburg gegen zwei geplante Projekte eine Bausperre forciert. Steinbauer bestätigt das Vorgehen auf KURIER-Anfrage. In einem Fall geht es um die Erweiterung eines bestehenden Hotels. Schon vor zweieinhalb Jahren sei dazu ein Baustopp verhängt worden, sagt Steinbauer. „Im Endeffekt handelt es sich dabei um einen Wohnblock mit Ferienwohnungen. Mit diesem Projekt wäre das bestehende Gebäude noch erweitert worden“, begründet der Bürgermeister.

Ende Jänner verhängte die zuständige Baubehörde eine weitere Sperre. Betroffen ist ein Hotelprojekt der Baufirma Knapp aus Mittersill. Ursprünglich hätten auf dem Grundstück bis zu 14 Eigentumswohnungen entstehen sollen, sagt Steinbauer. Nachdem das Areal verkauft wurde, seien die ursprünglichen Pläne verworfen worden. „Dann haben die Betreiber ohne Rücksprache mit der Gemeinde ein Hotel-Projekt eingereicht. Wenn man die Pläne ansieht, ist aber zu bezweifeln, dass es sich dabei um ein Hotel handelt“, schildert Steinbauer. Er geht davon aus, dass der Bau als Hotel getarnt Zweitwohnsitze für zahlungskräftige Kunden beherbergen soll. Steinbauer will nun einen verbindlichen Bebauungsplan für das gesamte Gebiet erstellen – beide Projekte sind rund 200 Meter voneinander entfernt. Genehmigt würden dann auf dem Gelände ausschließlich die ursprünglich vorgesehenen Eigentumswohnungen sowie der Bau eines klassischen Hotels.

„Freue mich über Klage“

Klaus Knapp, Projektbetreiber und Geschäftsführer der gleichnamigen Baufirma, widerspricht dem Bürgermeister. „Das ist eindeutig ein Hotel – die gesetzlichen Vorgaben sind eingehalten worden“, meint Knapp. Ob das Bauvorhaben an die Vorgaben der Gemeinde angepasst wird oder rechtliche Schritte eingeleitet werden, will Knapp noch überlegen.

Möglichen juristischen Folgen sieht der Bürgermeister gelassen entgegen. Er beruft sich auf das Raumordnungsgesetz. „Ich würde mich wirklich freuen, wenn wir geklagt werden. Dann wären wir zumindest für Salzburg ein Präzedenzfall und Gemeinden mit ähnlichen Problemen müssten diesen Weg nicht gehen“, meint Steinbauer. „Wir sind uns ganz sicher, dass es die rechtliche Grundlage dafür gibt. Das ist absolut wasserdicht.“

Der auf Immobilienrecht spezialisierte Rechtsanwalt Siegfried Kainz (siehe Interview unten) ist sich da nicht so sicher. „Die bloße Vermutung über die Nutzung der Immobilie als Zweitwohnsitz ist für eine Bausperre jedenfalls zu wenig.“ Außerdem sei es europarechtswidrig, schon im Vorfeld die beabsichtigte Nutzung zu überprüfen.

KURIER: Ist die Vorgehensweise in Bad Gastein aus Ihrer Sicht rechtlich gedeckt?

Siegfried Kainz: Behördliche Bausperren sind zulässig, werden aber nur sehr selten verhängt. Da müssen gemäß §21 Salzburger Raumordnungsgesetz einige zwingende Voraussetzungen vorliegen, weil das ein gravierender Eingriff ist. Betreffend hotelähnlicher Apartment-Anlagen gibt es einen Kriterienkatalog in Salzburg, den die Bezirkshauptmannschaften als zuständige Baubehörden anwenden. Beispielsweise ist es jedenfalls europarechtswidrig, schon im Vorfeld die beabsichtigte Nutzung einer Immobilie inhaltlich zu überprüfen.

Wie schätzen Sie die Chancen der Projektbetreiber ein, sofern sie dagegen juristische Schritte einleiten?

Das ist aus der Entfernung schwierig zu sagen. Die bloße Vermutung über die Nutzung der Immobilie als Zweitwohnsitz ist für eine Bausperre jedenfalls zu wenig. Ausschlaggebend sind stets die Einreichunterlagen sowie der Betreibervertrag, der festlegt, wie lange die Immobilie für den jeweiligen Zweck verwendet werden muss. Da gibt es eine große Rechtsunsicherheit.

Mit welchen legalen Mitteln können sich Gemeinden gegen Zweitwohnsitze „wehren“?

Man muss die touristische Vermietung und klassische Zweitwohnsitze auseinanderhalten. Gemeinden können gemäß §31 Salzburger Raumordnungsgesetz die Nutzung von Immobilien für ausschließliche Freizeit- oder Urlaubszwecke untersagt werden. Aber das ist alles eine Grauzone. Die Definition des Zweitwohnsitzes ist völlig verunglückt. Aus meiner Sicht könnte das Problem mit einer hohen Zweitwohnsitz-Abgabe gelöst werden. Dieses Geld müsste dann den Gemeinden und in weiterer Folge der einheimischen Bevölkerung etwa zur Finanzierung von Baulandsicherungsmodellen zugutekommen.

Wie groß ist die Nachfrage nach Rechtshilfe beim Kauf von Immobilien in Tourismusgebieten?

Riesig. Meine Klienten sind schon sehr gut aufgeklärt. Für uns als Rechtsanwälte ist es oftmals aber auch schwierig zu beraten, weil es so viele Graubereiche gibt.

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