Es fehlt insbesondere an Pflegekräften. An der Klinik Innsbruck sind aktuell deshalb 240 der 1.366 Betten gesperrt. Nun wird hier sogar die chirurgische Tagesklinik heruntergefahren, um OP-Personal für andere Bereiche freizuspielen.
Auch am Wiener AKH ist der Pflegemangel in den meisten Abteilungen spürbar, wie ein leitender Arzt berichtet. Aber er sei – eine Parallele zu Innsbruck – besonders überall dort spürbar, wo Operationen durchgeführt werden.
Es braucht alle Rädchen
„Wenn da nur ein Rädchen ausfällt, steht alles“, sagt der Mediziner. Es reiche eben nicht, wenn ein Chirurg da ist, das Pflegepersonal sei für die Durchführung von OPs essenziell. Dass es hier nicht mehr ausreichend Mitarbeiter gibt, ist klar spürbar, wie ein anderer Mediziner berichtet.
Ungefähr 30 Prozent der OP-Kapazität in den chirurgischen Fächern des Wiener AKH seien derzeit wegen Mangels an Pflegekräften gesperrt. Am schlimmsten sei es in der Urologie, wo 50 Prozent geschlossen bleiben müssen.
Im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) wird betont: „Es werden in Wien keine lebensnotwendigen OPs verschoben.“ Man ortet aber ein systemisches Problem, das zu Wartezeiten und verschobenen OPs führt:
Eigentlich könnten viele Eingriffe im niedergelassenen Bereich gemacht werden. Aber da die Zahl der Kassenärzte sinke, gingen die Patienten dann mangels Angebot erst wieder ins Spital. „Und dort staut es sich dann.“
"Schuss ins Knie"
Unter der Hand hört man im AKH aber auch herbe Kritik an der Ausbildung. Die Akademisierung der Pflege sei ein „Schuss“ ins eigene Knie gewesen. Der Tenor: „Anstatt dass Pflegepersonen am Bett stehen, schreiben sie Diplomarbeiten“, wird geätzt.
Im internationalen Vergleich hat Österreich zwar überdurchschnittlich viele Ärztinnen und Ärzte, aber unterdurchschnittlich viele Angestellte im Pflegebereich.
Der derzeit akut gewordene Mangel hat viele Gründe, wie ein ärztlicher Direktor eines Wiener Großspitals erzählt. In der Pandemie hätten sich etliche in der Branche beruflich umorientiert. Die Arbeitsbelastung sei hoch, das berufliche Image aber eher schlecht und die Bezahlung, vor allem in der unteren Hierarchiestufe, zu niedrig.
„Das muss sich ändern, sagt der Krankenhausdirektor. Johannes Schwamberger sieht indes weniger in den aufreibenden Corona-Jahren den Grund für den Personalmangel. „Die Abgänge sind nicht viel höher als in den Jahren zuvor. Aber es kommt weniger nach. Außerdem will keiner mehr Vollzeit arbeiten.“
Flexible Arbeitszeiten
Der allgemeine Arbeitskräftemangel mache auch vor den Krankenhäusern nicht Halt. Dass man hier offenkundig längst in der Verwaltung des Mangels angekommen ist, will er nicht bestreiten. Die Tirol Kliniken haben bereits versucht, aus der Not eine Tugend zu machen. Sie haben einen sogenannten „Flexipool“ gegründet.
Die Pflegekräfte, die sich für diesen melden, können ihre Dienstzeiten selbst bestimmen und werden dann je nach Bedarf als Springer auf verschiedene Stationen geschickt, um dort Löcher zu stopfen.
Im Gesundheitswesen schlägt die Demografie mit voller Härte zu. Immer weniger Junge sind am gesamten Arbeitsmarkt heiß umworben. Gleichzeitig steigt in einer alternden Gesellschaft der Pflegebedarf – und damit der Bedarf an entsprechendem Fachpersonal – enorm.
Nicht von Ungefähr sind Gesundheit und Pflege Kernthemen im derzeitigen Milliardenringen um den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, das am Freitag in eine weitere Runde ging.
Schwerkranke warten
Wie brisant die Versorgungslage in Österreichs Spitälern ist, zeigt auch ein Blick in die Steiermark. Hier schlagen Patientenombudsfrau Michaela Wlattnig und ein Spitalschef Alarm, wie der ORF berichtet. Die Versorgung, vor allem bei Schwerkranken, sei dramatisch.
„Das sind Patientinnen und Patienten, die sehr schwer erkrankt sind und sehr lange auf Operationstermine warten. Das sind aber auch Kinder, die auf Operationen warten, weil ein Intensivbett nötig ist, das nicht verfügbar ist“, so Wlattnig. Und die Landesregierung? Die zeigt sich zuversichtlich.
Kommentare