Zu viele Wölfe in Europa: EU senkt den Schutzstatus des Raubtieres

Jäger sollen in Tirol künftig jeden Wolf schießen können, der aus ihrer Sicht eine Gefahr für Nutztiere darstellt.
Das EU-Parlament hat am Donnerstag den Status des Wolfes von "streng geschützt" auf "geschützt" herabgestuft. Damit kann auch Österreich den Bestand leichter regulieren.

Der strenge Schutz des Wolfes innerhalb der Europäischen Union hat zu einem markanten Anstieg der Population geführt.

Der Bestand hat sich in den vergangenen zehn Jahren annähernd verdoppelt. Laut einer neuen Studie aus 34 Ländern ist die Zahl der Wölfe von rund 12.000 Exemplaren auf über 21.500 gestiegen.

Vor diesem Hintergrund hat das Europäische Parlament am Donnerstag entschieden, den Schutzstatus des Wolfes von bisher "streng geschützt“ auf "geschützt“ abzusenken. Diese Aufweichung des Schutzes soll den einzelnen Staaten ermöglichen, den Bestand leichter zu regulieren und bürokratische Hürden für die Entnahme von Problem- oder Risikowölfen abzubauen.

Ein herabgesenkter Schutzstatus räumt den EU-Staaten mehr Flexibilität ein, die Jagd auf Wölfe zuzulassen, ohne den Schutz des Raubtieres gänzlich aufzuheben. Die rasant gestiegene Populationen in Europa hat in zahlreichen Staaten zu Schwierigkeiten und Konflikten im Zusammenleben mit den Raubtieren geführt.

Sieben Rudel und 100 Nachweise in Österreich

In Österreich wurden vor zehn Jahren noch acht Wölfe genetisch nachgewiesen. 2023 waren es mit 104 Exemplaren schon dreizehn Mal so viele. Und dieses Niveau wird auch trotz der Entnahme und des behördlich kontrollierten Abschusses von 16 Wölfen in den Jahren 2023 und 2024 beibehalten. 

Aktuell sind sieben Rudel in Österreich bekannt und nachgewiesen - vier davon im Waldviertel in Niederösterreich sowie drei in Kärnten bzw. im Grenzgebiet zu Osttirol.

An die 100 verschiedenen Wolfsexemplare wurden im Vorjahr in Österreich genetisch erfasst.

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Pro und Contra

Während Tierschützer die Senkung des Schutzstatus des Wolfes massiv kritisieren, kommt von Seiten der Landwirtschaft, Nutztierhaltern und beispielsweise Touristikern breite Zustimmung. Seit dem Jahr 2021 bewegt sich die Zahl der von Wölfen gerissenen oder schwer verletzten Nutztieren (Schafe, Ziegen, Kälber, Pferde, usw.) zwischen 849 (Jahr 2021), 1.780 (2022) und 1.128 im Jahr 2023. Die Zahlen für 2024 sollen demnächst vorliegen.

Nicht zuletzt deswegen hat sich die ÖVP in den vergangenen Jahren auch auf EU-Ebene für ein "praktikables Wolfsmanagement“ eingesetzt, heißt es von den Europaabgeordneten Sophia Kircher und Alexander Bernhuber. Der Wolf stelle eine "ernste Bedrohung für die traditionelle Almwirtschaft“ dar, die Änderung des Schutzstatus bringe nun mehr Rechtssicherheit.

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LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf war in Sachen Wolf bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen

Auch die FPÖ begrüßt den aufgeweichten Schutz des Raubtieres. Anders sehen das die Grünen, die von einer „Dämonisierung des Wolfes“ sprechen. Ähnlich kritisch zeigt sich die SPÖ, die befürchtet, dass auch bald Luchse, Goldschakale oder artverwandte Tiere als nicht mehr schützenswert erachtet werden.

In Niederösterreich, wo die meisten Rudel Österreichs beheimatet sind, spricht LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) von einer "guten Nachricht für die Sicherheit, denn der Wolf ist längst nicht mehr vom Aussterben bedroht, bedroht aber das Sicherheitsgefühl vieler Menschen und stellt eine Gefahr für unsere Nutz- und Haustiere dar.“ 

Pernkopf hat dazu auch im Dezember 2023 persönlich in Brüssel mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen über diese Senkung gesprochen und diese von ihr gefordert.

Leichter zu einem Abschuss

Parallel dazu wurde in Niederösterreich bereits die Wolfsverordnung so weit wie im Rahmen der geltenden EU-Vorgaben möglich gelockert und auch Förderungen für Zäune etc. erhöht.

 „Mir geht es um die Sicherheit der Menschen, deswegen braucht es leichtere Möglichkeiten, Wölfe zu regulieren, die Menschen und Siedlungen immer näher kommen.“ Mit der Senkung des EU-Schutzstatus sollen Abschüsse und Regulierungen künftig vereinfacht werden.

Die Naturschutzorganisation WWF Österreich kritisiert die Abschwächung des Schutzstatus für den Wolf in der EU-Fauna-Flora- Habitat-Richtlinie als gefährlichen Präzedenzfall. "Das ist der völlig falsche Weg und könnte letztlich zu einer Aushöhlung des Naturschutzes in der EU führen - mit dramatischen Folgen für gefährdete Arten und Lebensräume“ , sagt WWF-Experte Christian Pichler.

Wolf "keine gefährdete Tierart mehr"

Der Verband "Jagd Österreich“ sieht den Bestand des Wolfes hingegen in Österreich in keiner Weise gefährdet. Wölfe hätten kaum natürliche Feinde in den Kulturlandschaften Europas, die Population sei daher stark gestiegen. Dieser Fakt sei auch von der internationalen Naturschutzorganisation IUCN bestätigt worden, die den Wolf von der Liste der gefährdeten Arten in Europa gestrichen habe, heißt es bei "Jagd Österreich".

"Gesetze aller Art sollten Fakten und wissenschaftlichen Erkenntnissen folgen. Wir sind erleichtert, dass es auch das Europäische Parlament so sieht. Nun ist der Weg frei für ein - wissenschaftlich unterstütztes - Management des Wolfes“, sagt Franz Mayr Melnhof-Saurau, Präsident von "Jagd Österreich“.

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