16 Abschüsse
2015 wurden acht Wölfe in Österreich genetisch nachgewiesen. 2023 waren es mit 104 Exemplaren schon dreizehn Mal so viele. Und dieses Niveau wird auch trotz der Entnahme und des behördlich kontrollierten Abschusses von 16 Wölfen in den Jahren 2023 und 2024 beibehalten.
Wie aus dem neuen Statusbericht "Wolf 2024“, der sich gerade in der Finalisierung befindet - und in wenigen Tagen vom "Österreichzentrum Bär-Wolf-Luchs“ präsentiert wird - hervor geht, wurden im Vorjahr wieder über 90 Individuen aller Altersklassen genetisch in Österreich nachgewiesen.
Neue Rudelbildung in Kärnten
Die spannendste Neuigkeit verrät Österreichs Wolfsbeauftragter Aldin Selimovic vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie an der Vetmed-Uni Wien. "Wir haben Anfang des Jahres zwei neue Rudel in Kärnten bestätigt. Die genetische Herkunft ist noch nicht bekannt, weil der Nachweis mittels Wildkamera erfolgte.“
Ein neues Rudel mit Nachwuchs tappte im Bereich des Wolayer Sees – ein Bergsee auf der Kärntner Seite des Karnischen Hauptkammes nahe dem Plöckenpass – in die Fotofalle. Das zweite neue Rudel wurde im slowenischen Grenzgebiet auf der Koschuta in den Karawanken südlichen von Klagenfurt von Wildkameras aufgenommen. Vom bereits bekannten Rudel im Grenzgebiet Kärnten-Osttirol am Hochstadel gab es zuletzt 2024 einen bestätigten Nachweis.
Nachwuchs in Niederösterreich
Und auch das niederösterreichische Waldviertel scheint ein fruchtbarer Boden zu sein, was die Population der Raubtiere anbelangt. Mit den Vorkommen in Allentsteig, Harmanschlag, Gutenbrunn und Arbesbach zählt Niederösterreich auf engem Raum gleich vier Rudel. In Gutenbrunn und Arbesbach gab es im Vorjahr wieder bestätigten Nachwuchs innerhalb dieser beiden Rudel.
Etwa die Hälfte der in Österreich nachgewiesenen Wölfe hat alpine Herkunft (Schweiz, Italien), während die andere Hälfte aus der mitteleuropäischen Tieflandpopulation (Deutschland, Polen) stammt oder dinarische Herkunft (Slowenien, Kroatien, Bosnien) hat.
Streuner unterwegs
Auffallend sind in Niederösterreich auch einige streunende Wölfe. Der gerne als "der Italiener“ bezeichnete Wolf mit der DNA-Kennung 269 MATK hat im Gebiet um Ybbsitz, Göstling und Lunz sein Revier gefunden und ist dort durch zahlreiche Nutztierrissen aufgefallen. Seit 2023 hat ebenfalls ein einzelner Wolf mit der Kennung 147 MATK sein Habitat in der Gegend rund um Rax und Schneeberg gefunden.
Einzelne DNA-Nachweise gibt es von diesem Exemplar auch im steirischen Grenzgebiet des Semmering. "Die genaue Herkunft von 269 MATK und 147 MATK ist noch nicht bekannt. Wir wissen nur, dass beide Wölfe, zumindest mutterseits, aus dem alpinen Raum stammen. Genauere Aussagen sind aber erst dann möglich, wenn wir die Daten mit anderen Genetik-Laboren im Alpenraum vergleichen können. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen, aber es wird daran gearbeitet“, erklärt Selimovic.
Wolf zog es bis nach Wien
Ein ganz besonderer Gast hat es im vergangenen November wenige hundert Meter vor die Wiener Stadtgrenze geschafft. Der Wolf mit der Kennung 304 MATK ist wie ein Phantom in Kaltenleutgeben im Wienerwald (Bezirk Mödling) aufgetaucht und hat dort einige Schafe gerissen. "Das Exemplar wurde zum ersten Mal überhaupt in Niederösterreich nachgewiesen. Davor gab es im gesamten Bundesgebiet keinen Nachweis“, erklärt Selimovic.
Schutzstatus des Wolfes gesenkt
Auf EU-Ebene wurde im Rahmen der Berner Konvention im vergangenen Dezember der Schutzstatus des Wolfes von "streng geschützt“ auf "geschützt“ herabgesetzt. Der Vorstoß, erstmals am Schutzstatus der Raubtiere zu rütteln, war auf Druck mancher Mitgliedstaaten wie Österreich von der Europäischen Union gekommen. Diese kann nun im nächsten Schritt den Wolfsschutz in der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) senken.
Bis es aber so weit ist und der erste Risikowolf auf Basis des geänderten Schutzstatus einem Jäger vor die Büchse läuft, werden heuer noch viele Rudel ihre Jungtiere zur Welt bringen. Erst wenn das EU-Parlament neuen Jagdregeln und einer entsprechenden Änderung der FFH-Richtlinie zustimmt, kann der Abzug gezogen werden.
Die neue Studie zum Bestand der Wölfe in Europa bestätige, dass der strenge Schutzstatus des Wolfes zu hohen Populationen in geführt habe, kommentierte Landwirtschafts- und Umweltminister Norbert Totschnig (ÖVP) die aktuellen Ergebnisse. "Genau deshalb habe ich in den vergangenen zweieinhalb Jahren auf EU-Ebene für eine Änderung des Schutzstatus gekämpft. Jetzt ist es Zeit für eine Anpassung des EU-Rechts - für eine Balance in der Natur, in unserer Kulturlandschaft sowie zum Schutz unserer Bevölkerung“, so der Minister.
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