Zollbetrug: Verdächtige sollen Republik um 3,62 Millionen Euro geprellt haben

Wiener Zollfahnder haben eine gute Nase
Zollfahnder legten gewieften Tricksern das Handwerk. Ihnen drohen nun bis zu fünf Jahre Haft und bis zu 10,87 Millionen Euro Geldstrafe.

Falsche Firmenstempel, gefälschte Verzollungsdokumente, nicht existierende Lieferanten und ein Dutzend Scheinfirmen als Abnehmer. Vier Jahre lang soll der frühere Prokurist einer Wiener Spedition mit zehn mutmaßlichen Komplizen beim Import von China-Waren völlig unverfroren getrickst haben.

Bei 652 Verzollungen soll der Republik Österreich rund 3,625 Millionen Euro Schaden entstanden sein, der Großteil in Form von nicht abgeführter Einfuhrumsatzsteuer.

Das geht aus der 22 Seiten starken Anklage der Staatsanwaltschaft Wien hervor, die dem KURIER vorliegt. Sie ist aber noch nicht rechtskräftig. Dem mutmaßlichen Drahtzieher, der heute Geschäftsführer einer niederösterreichischen Logistikfirma ist, und seinen angeblichen Mittätern drohen wegen Schmuggels und gewerbsmäßiger Abgabenhinterziehung bis zu fünf Jahre Haft und maximal 10,875 Millionen Euro Geldstrafe.

"Bunte Bande"

Unter den Angeklagten sind fünf Österreicher, ein Ungar, zwei Chinesen, zwei US-Amerikaner und ein israelischer Staatsbürger. Letzterer hat einen Osteuropa-Hintergrund und ist einschlägig vorbestraft. Bis auf den Ungarn leben alle Verdächtigen in Wien. Rund 2,98 Millionen Euro Schaden entfällt auf Geschäfte der Amerikaner.

Wechselseitige Belastungen

"Die Angeklagten leugnen die Tatbegehung, sie werden allerdings durch die Ermittlungsergebnisse eindeutig wie auch durch eigene Aussagen wechselseitig belastet", heißt in der Anklage. Dazu kommen noch die Ergebnisse der Telefonüberwachung und die Erkenntnisse aus sichergestellten eMails.

"Nur kleines Licht"

"Mein Mandant war ein kleiner Angestellter in der Spedition", sagt Verteidiger Sven Thorstensen, der einen der Zolldeklaranten vertritt, auf Anfrage zum KURIER. "Er hat nur die Anweisungen seines Vorgesetzten, des Prokuristen, ausgeführt."

Dazu muss man wissen, dass die Einfuhr von Waren aus Drittländern wie China in die EU in der Regel beim Zoll in Österreich deklariert wird. Werden die Waren aber zum Beispiel in osteuropäische EU-Staaten weitergeliefert, wird erst dort die Einfuhrumsatzsteuer abgeführt. Diese Regelung über "innergemeinschaftliche Lieferungen" machten sich die Verdächtigen zunutze.

"Verschwanden in unbekannten Ländern"

Mit gefälschten Firmenstempeln, frisierten Frachtunterlagen und fiktiven Rechnungen wurde dem Zoll vorgegaukelt, dass die Abnehmer der Waren slowakische, ungarische und rumänische Firmen sind. Tatsächlich wurden die Konsumgüter an unbekannte Empfänger in Österreich, Deutschland, Frankreich und Italien ausgeliefert oder "verschwanden im Wirtschaftskreislauf unbekannter Länder". Steuern wurden keine gezahlt.

Schwarz verkauft

Zum Teil sollen die zwei Chinesen und der Israeli diese Waren, darunter Keramikgeschirr und Kochtöpfe, in ihren eigenen Shops in Wien schwarz verkauft haben. In der Buchhaltung sollen die Waren nicht aufscheinen.

Laut Zeugenaussagen soll der angeklagte Israeli nicht nur ein Freund des besagten Prokuristen sein, sondern auch "viele Firmenstempel besessen haben".

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