Zeuge sagt: Auch Egisto Ott hatte die Nowitschok-Formel
Eigentlich wurde die Formel des russischen Nervengifts Nowitschok Jahrzehnte gut gehütet, nachdem der deutsche Bundesnachrichtendienst Anfang der 1990er Jahre einen russischen Chemiker samt der Formel in den Westen gebracht hatte.
In die Schlagzeilen geriet das tödliche Gift insbesondere im Jahr 2018, als der ehemalige russische Agent Sergej Skripal damit in Großbritannien vergiftet wurde. Doch auch in Österreich ist die tödliche Formel in einem geheimen Akt mehrfach aufgeschlagen. Nicht nur beim flüchtigen Wirecard-Manager Jan Marsalek, sondern auch beim ehemaligen Verfassungsschützer Egisto Ott. Das bestätigt jedenfalls ein Zeuge, ein Sicherheitsberater, dem KURIER. „Keiner konnte bisher klären, wie die Nowitschok-Akte zu Marsalek gelangt war“, sagt der Zeuge. „Ich habe Ott gefragt, warum hast du mir nicht gesagt, dass Du die Nowitschok-Akte hast. Warum hast du mir das Scheiß-Ding nicht gegeben, wir haben die gesucht, denn wir wollten wissen, wo sie herkommt.“
Nachsatz: „Ott hat zu mir gesagt, ,ich wusste nicht, dass dich das interessiert.’ Da habe ich bemerkt, dass er gar nicht begriffen hatte, was die Akte Nowitschok bedeutete. Ich bin mir aber nicht sicher, ob Ott die Akte an Marsalek weitergegeben hat.“
Viele hatten Zugang
Laut dem Zeugen hätten „zu viele Leute in Österreich Zugang zu dieser Akte gehabt und diese Leute sind ja auch bei Marsalek ein- und ausgegangen“. Wegen der möglichen Weitergabe vertraulicher Unterlagen über Nowitschok, die von der Organisation für das Verbot chemischer Waffen OPCW in Den Haag stammen sollen, erstatteten im Juli 2021 das Außen- sowie das Wirtschafts- und Verteidigungsministerium Strafanzeige. Im Fokus der Ermittlungen stehen unter anderem der Spitzendiplomat Johannes Peterlik und Egisto Ott. Peterlik soll die besagte Akte Anfang Oktober 2018 angefordert und später Ott das Abfilmen der Akte ermöglicht haben. Auf dem strenggeheimen Dokument soll ein Barcode abgebildet sein, über den man identifizieren konnte, dass es aus dem österreichischen Außenamt stammt.
Die Formel lag aber auch in zwei weiteren Ministerien. Unter wohl falschen Verdacht geriet etwa ein Mitglied des Sicherheitsrates, gegen den aber mangels konkreter Hinweise nie ermittelt worden ist. Er hatte lediglich für ein Ministeriumsprojekt Kontakt zu Marsalek.
Diplomat suspendiert
Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte am Dienstag, dass nach wie vor gegen Johannes Peterlik und Egisto Ott wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs und Verletzung des Amtsgeheimnisses ermittelt wird. Laut Außenministerium ist Peterlik weiterhin suspendiert.
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