Zähneknirschen der Kassenärzte

Neun Zahnarzt-Planstellen werden ab 1. März in Klagenfurt nicht nachbesetzt.
Diagnose Überversorgung? In Klagenfurt werden elf Zahnarzt-Stellen gestrichen, ein Lokalaugenschein.

Benötigt die Stadt Klagenfurt 48 Zahnärzte mit Kassenverträgen oder ist diese Dichte viel zu hoch? Weil elf Stellen bis zum Jahr 2020 eingespart werden sollen, ist ein diesbezüglicher Streit zwischen der Kärntner Gebietskrankenkasse (KGKK) und der Zahnärztekammer entbrannt. Ein KURIER-Lokalaugenschein am Freitag in Klagenfurt zeigte in den Wartezimmern völlig konträre Bilder: Dutzende wartende Patienten hier, untätige Ärzte dort. Die erstaunlichste Erkenntnis war, dass die meisten Zahnarztpraxen sowieso geschlossen hatten.

Sparen ist in Kärnten angesagt, speziell im kostenintensiven Gesundheitswesen. Der mit dem Joanneum Research in Graz, dem Land Kärnten und der KGKK erarbeitete "Regionale Strukturplan Gesundheit" sieht unter anderem vor, dass im Raum Klagenfurt Stadt binnen vier Jahren elf Zahnarztstellen eingespart werden, neun davon sollen bereits ab 1. März dieses Jahres keine Nachbesetzung erfahren. Die Kasse ortet eine zu hohe Dichte der Stellen.

Freitags geschlossen

Der KURIER wollte sich am Freitag bei einem Lokalaugenschein ein Bild von leeren oder vollen Warteräumen machen und entdeckte dabei primär eines: geschlossene Warteräume. Laut Zahnärztekammer hätten freitags in Klagenfurt Stadt wohl 28 von aktuell 48 Ordinationen geöffnet. Aber spontan aufgeklebte Zettel verwiesen plötzlich auf zahlreiche Urlaube, Ausbildungstermine oder Spontan-Schließungen vor dem Wochenende.

Selbst bei den geöffneten Praxen sammelte man unterschiedliche Eindrücke: Zwei Zahnmediziner warteten am Vormittag beim KURIER-Besuch vergeblich auf die terminisierten Kunden. "Das kommt freitags öfter vor", sagten sie, wollten aber nicht namentlich genannt werden. Hildegard Exeli-Meitz hingegen hatte reichlich zu tun. "20 Patienten waren es am Freitag", sagt sie. Und zu den Sparplänen der KGKK: "Die Kasse will die Kunden zu den Wahlärzten treiben. Da hat der Kunde 20 Prozent Selbstbehalt – 20 Prozent, die sich die Gebietskrankenkasse erspart."

Tatsächlich gäbe es in Klagenfurt mit einem Schlag mehr Wahl- als Kassenärzte, falls der Strukturplan umgesetzt wird.

Zahnmediziner Werner Emmer versteht die Kassen-Pläne genauso wenig. "Aufgrund der Flüchtlingsproblematik und der Pendler, die in Klagenfurt arbeiten und hier auch Zahnarzttermine wahrnehmen, nimmt die Zahl der Kunden bei mir nie ab", betont Emmer. Gestern, Freitag, versorgte er rund 30 Patienten. Karl Anton Rezac, Präsident der Kärntner Ärztekammer, beanstandet ebenfalls, dass die Sparpläne die Bevölkerungsentwicklung und die Pendlerbewegung nicht berücksichtigen würden. "Mit fast 100.000 Einwohnern und 40.000 Pendlern haben Klagenfurts Zahnärzte inzwischen 140.000 Menschen zu versorgen", teilt Rezac mit.

Bei zwei seit 2012 nicht nachbesetzten Planstellen hat die Kammer übrigens rechtliche Schritte gegen die KGKK unternommen. Bis jetzt traf der zuständige Senat keine Entscheidung. Diese will man abwarten, um in Folge die Nicht-Nachbesetzung anderer Stellen anzufechten.

"Fleißige im Visier"

Emmer hat abschließend zumindest eine Erklärung, warum in Klagenfurt an Freitagen die meisten Ordinationen geschlossen bleiben: "Die GKK fordert dich quasi auf, weniger Umsatz zu machen. Wer fleißig ist und den Schnitt sämtlicher Zahnmediziner überschreitet, wird von der Kasse kriminalisiert und verstärkt kontrolliert. Daher verlängern viele Kollegen das Wochenende und bleiben daheim", erklärt er.

KGKK-Direktor Johann Lintner war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

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