Nachwuchs bei drei Rudeln: Wölfe im „Babyglück“

Nachwuchs am Truppenübungsplatz Allentsteig im Waldviertel
Die Wolfspopulation im Alpenraum – und damit auch in Österreich – nimmt rasend schnell zu. In den zehn betroffenen Regionen der Arbeitsgemeinschaft Arge Alp in Österreich, Deutschland, Italien und der Schweiz ist die Zahl der Rudel innerhalb eines Jahres um mehr als 60 Prozent in die Höhe geschnellt. 38 bestätigte Wolfsrudel sind in dem Beobachtungsgebiet 2021 nachgewiesen worden, 61 Rudel waren es bereits im Vorjahr.
Auch in Österreich vermehren sich die umstrittenen Raubtiere enorm. In nur drei Jahren ist die Zahl der nachgewiesenen Rudel von drei im Jahr 2020 auf mittlerweile acht angewachsen – vier leben in Niederösterreich, ein Rudel im oberösterreichischen Grenzgebiet, drei bestätigte Populationen gibt es in Kärnten.
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Wie aus den jüngsten Daten des Österreichzentrums Bär-Wolf-Luchs hervorgeht, gibt es wie bereits 2022 auch heuer zahlreichen Nachwuchs. Die Rudel im niederösterreichischen Waldviertel in Gutenbrunn sowie am Truppenübungsplatz Allentsteig haben heuer ebenso Welpen zur Welt gebracht, wie das Rudel Böhmerwald im oberösterreichischen Mühlkreis im Grenzgebiet zu Tschechien.

Ein Exemplar im Mondschein am TÜPL Allentsteig
Laut Österreichs Wolfsbeauftragten Aldin Selimovic sind beim Rudel in Gutenbrunn im Waldviertel vier Jungtiere bestätigt, ein Wolfspaar in Allentsteig hat heuer drei Welpen zur Welt gebracht. „Damit bewegen sich beide Rudel, was die Zahl der Welpen anbelangt, im Durchschnitt“, erklärt Selimovic. Man gehe jährlich bei der Fortpflanzung von vier bis sechs Welpen pro Wurf aus.
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Der Nachwuchs ist am Truppenübungsplatz des Bundesheeres bereits mehrmals in Fotofallen der Wildkameras getappt. Das Bundesheer hat Aufnahmen der Jungtiere zur Verfügung gestellt. 2016 hatte es in Allentsteig nach der Ausrottung der Wölfe in Österreich vor mehr als 100 Jahren erstmals wieder Nachwuchs in freier Wildbahn gegeben. Seither hat sich die dort ansässige Population fast jährlich vermehrt – das Konfliktpotenzial ist damit auch im Waldviertel deutlich gestiegen.

Wegen der rasanten Vermehrung des Wolfes im Alpenraum und den daraus resultierenden Konflikten, befasst sich die Arbeitsgemeinschaft Arge Alp mit dem Streitthema. In den zehn betroffenen Regionen, Kantonen und Bundesländern in Österreich, Deutschland, Italien und der Schweiz ist die Zahl der Wolfsrudel von 2021 auf 2022 geradezu explodiert – von 38 auf 61. Tirols Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler (ÖVP) hat diese Woche einen entsprechenden Bericht der Alpenländer präsentiert.
Geisler sprach von einer „explosionsartigen Entwicklung“, was die Population, als auch die Anzahl der gerissenen Nutztiere und die damit verbundenen Entschädigungszahlungen anbelangt. Mit rund 1,2 Millionen Euro seien im Vorjahr Landwirte für über 2.000 gerissene Nutztiere in den Alpenländern entschädigt worden. Und dabei sind wegen unterschiedlicher gesetzlicher Regelungen nicht einmal alle Regionen berücksichtigt.
Seit 2019 haben sich demnach die Entschädigungszahlen „beinahe versechsfacht“. Und laut dem Bericht seien von den Rissen auch Gebiete betroffen, in denen bereits Herdenschutzmaßnahmen existiert haben.
Die Mitglieder der Arge, in der neben Tirol auch Vorarlberg und Salzburg vertreten sind, haben sich dazu bekannt, das länderübergreifende Monitoring zu verbessern. Österreich will demnächst für die genetische Untersuchung von Wolfsnachweisen eine neue Technologie nach Schweizer Vorbild einführen.
Die Länder sehen die EU gefordert. Verlangt wird einmal mehr die Änderung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und die Senkung des Schutzstatus des Wolfs. In Tirol, Kärnten und NÖ wird die Bejagung von Problemwölfen durch Abschussverordnungen geregelt.
Ab dem zweiten Lebensjahr verlassen Jungwölfe das elterliche Rudel. Damit beginnt für sie die Suche nach einem Partner und einem eigenen Revier mit Wanderungen von oft vielen Hundert Kilometern.
Die zunehmende Verbreitung hat zur Folge, dass es vermehrt zu Rissen von Nutztieren wie Schafen, Ziegen oder Kälbern kommt. 2021 wurden knapp über 500 Nutztiere durch Angriffe von Wölfen in Österreich getötet, im Vorjahr waren es schon 791 Risse laut Statistik. Dazu kommen nochmals fast 1.000 vermisste Schafe und Ziegen auf entlegenen Almen.
DNA-Proben
Erst am vergangenen Wochenende soll ein Wolf in Arbesbach bei Zwettl in einem Biobetrieb mehrere Schafe und Lämmer verletzt und getötet haben. „Wir haben die DNA-Proben erst diese Woche bekommen. Das Ergebnis, ob es sich um einen Riss durch einen Wolf handelt, steht noch aus“, erklärt Selimovic. Es sei aufgrund der Umstände aber naheliegend.
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Wegen der zahlreichen Zwischenfälle mit Wölfen in der Region, hat sich heuer eine Bürgerinitiative mit dem Namen „Wolf Stopp“ gegründet. Besorgte Bürger und Landwirte verlangen, dass Problemwölfe rascher bejagt werden.
Elf Tiere geschossen
In Kärnten oder Osttirol ist dies schon längst an der Tagesordnung. Nachdem am Dienstag die Tiroler Landesregierung eine Abschussverordnung erteilt hatte, ist tags darauf ein Problemwolf in Osttirol abgeschossen worden. Damit wurden heuer bereits vier Wölfe in Tirol nach Verordnungen erlegt.
Vergangenes Wochenende ist in Kärnten ein Wolf in der Nähe einer Wohnsiedlung im Bezirk Hermagor erlegt worden. Es war der siebente Wolfsabschuss seit Inkrafttreten der Kärntner Wolfsverordnung.
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