Wiener Ex-ÖVP-Chef: „Schönes Bild für Eitelkeiten in der Politik"
Wenn der Buchautor Bernhard Görg die heimische Politik betrachtet – was würde er dann wohl schreiben? Einen Krimi? Ein Drama? Oder gar eine Komödie?
Görg lacht. „Ich könnte alle drei schreiben.“ Am nähesten an der Realität wäre das Drama: „Das steht meiner Partei bald bei der Suche nach einer Koalition bevor.“
Mit schwierigen Koalitionen kennt sich Görg aus. Er ist nicht nur Autor, sondern langjähriger Politiker. Fünf Jahre lang (bis 2001) war er ÖVP-Vizebürgermeister von Wien, als Juniorpartner der mächtigen Landes-SPÖ.
Um die Landespolitik geht es daher auch im neuen Buch, das Görg unlängst veröffentlicht hat. Kein Drama, wohlgemerkt. Ein Krimi. Es ist der bereits vierte Fall von Chefinspektorin Doris Lenhart, die (wie immer) in der Wachau Mordfälle zu lösen hat.
Zu kämpfen hat die Polizistin in „Dürnsteiner Puppentanz“ nicht nur mit einem raffinierten Täter, der Schaufensterpuppen, die wie seine zukünftigen Opfer bekleidet sind, in die Donau wirft. Sondern auch „mit den brutalen Methoden der Politik“. Die Untiefen der Politik, das ist Görgs wiederkehrendes Element. Das unterscheidet seine Bücher von den anderen Regional-Krimis, die seit einigen Jahren den Markt überfluten.
Begrüßungsablauf als "Bild für die Eitelkeiten in der Politik"
Diesmal „gibt es sogar noch mehr Politik“, erzählt Görg im KURIER-Gespräch. Und zwar auf Wunsch der Leser: „Bernhard, warum hältst du dich immer so zurück? Sei nicht so nobel“, würden ihn Leser immer wieder anstacheln. Görg gehorchte.
Und so ist im Buch nicht nur von den Tobsuchtsanfällen des Landeschefs zu lesen. (Dass er Ex-Landesvater Erwin Pröll im Sinn gehabt habe, weist Görg von sich. „Ich porträtiere einen Typ Landespolitiker, der lange populär war.“)
Görg beschreibt auch so manche Szene, die Einblicke in die ÖVP gewährt: Da wäre nicht nur eine Wanderung der ÖVP-Frauen („Strafverschärfung!“). Sondern auch die neue (türkise?) Sicherheitssprecherin, die bei einem Festakt vor dem (schwarzen) Sicherheitsverantwortlichen des Landes begrüßt wird und damit für Verärgerung sorgt: „Ein schönes Bild für die Eitelkeiten in der Politik.“
Wie immer bei Görgs Krimis findet man viel Lokalkolorit. Er ist in der Wachau aufgewachsen und kennt Land und Leute. Das merkt man den Charakteren an. „Nur mit Frauen kenne ich mich nicht aus, wird mir immer wieder vorgeworfen.“ An der Protagonistin hält er dennoch fest.
Bei den Lesern kommt das Buch an. Einer der prominentesten ist übrigens Michael Häupl, der mit Görg in der Stadtregierung saß. Er habe in der Pension alle Görg-Krimis „nachgelesen“, erzählte er letztens launig.
„Die FPÖ ist für manche in meiner Partei immer noch koalitionsfähig“
Wie der Krimi ausgeht, sei an dieser Stelle (natürlich) nicht verraten. Wie das Koalitions-Drama endet, da hat Görg zumindest eine Befürchtung: „Die FPÖ ist für manche in meiner Partei immer noch koalitionsfähig.“ Aus „polithygienischen Gründen“ solle die FPÖ aber nicht mehr in die Regierung, so Görg: „Die Gesocks-Konzentration in ihrem Blut ist so hoch – da können die Blauen noch so oft eine Blutwäsche machen, das können sie nicht herauswaschen.“ Das Problem: Inhaltlich sei die ÖVP der FPÖ „um Lichtjahre näher“ als den anderen Parteien.
Görg, ein Fan von Türkis-Rot? „Derzeit nicht. Das Vertrauen fehlt. In der SPÖ gibt es regelrechten Hass auf die ÖVP.“ Eine Dreier-Koalition? „Das wird mühsam. Die Kleinen müssen laut auftreten. Da ist es mit der türkisen Message Control vorbei.“
Somit bleibt wohl auch der letzte Akt des Dramas vorerst offen.
Bernhard Görg: „Dürnsteiner Puppentanz – Ein Wachau-Krimi“. Edition a, 393 Seiten, 16,90 Euro.
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