Wie vier Freunde zu Fluchthelfern wurden

„Refugee Convoy welcome“ stand auf dem Transparent, das bei der Kundgebung am Grenzübergang Nickelsdorf hochgehalten wurde.
Mehr als 150 Autos beim Konvoi "Schienenersatzverkehr für Flüchtlinge".

Sina weiß, worauf er sich einlässt. "Im schlimmsten Fall werden wir zurückgeschickt, im besten Fall nehmen wir Menschen mit, die auf ihrer Flucht frieren."

Es ist Sonntag, kurz nach 10.30 Uhr, vor dem Wiener Ernst-Happel-Stadion. Sina (31) beteiligt sich mit seinen Freunden Veronika, Azra und Oliver am Konvoi BudapestWien Schienenersatzverkehr für Flüchtlinge. Jene, die daran teilnehmen, wollen Flüchtlinge aus Ungarn abholen und nach Wien bringen. Sina und seine Freunde wissen, dass das, was sie tun wollen, in Österreich mit einer Verwaltungsstrafe bis zu 5000 Euro bedroht ist und man in Ungarn dafür sogar im Gefängnis landen kann. Aber das macht ihnen nichts aus: "Wir wollen Solidarität zeigen", sagt Veronika.

Mehr als 150 Autos fanden sich vor dem Stadion ein, um am Konvoi teilzunehmen. Veronika hat sich in die Liste der Fahrer eingetragen, damit sie von den Organisatoren per SMS auf dem Laufenden gehalten wird. Um 11.15 Uhr setzt sich die Kolonne Richtung Ungarn in Bewegung – angeführt von dem "Auto mit der gelben Banane", geleitet von der Wiener Polizei. Zu diesem Zeitpunkt sind Veronika, Sina, Azra und Oliver noch entspannt. "Wir machen im Grunde nichts Anderes als die ÖBB", sagt Sina.

Am Parkplatz beim Grenzübergang Nickelsdorf trifft sich der Konvoi zu einer kurzen Kundgebung. Viele wollen zu den Bahnhöfen nach Györ und Hegyeshalom fahren – auch Veronika und ihre Freunde. Doch dort werden Fahrtendienste nicht gebraucht. Die Flüchtlinge können mit ÖBB-Zügen nach Wien fahren.

Am Weg zurück dann eine SMS. Eine Flüchtlingsfamilie ist an der Shell-Tankstelle in Nickelsdorf abzuholen. Veronika, Sina, Azra und Oliver fahren hin. Was das für sie bedeuten könnte, blenden sie aus. Sie fahren einfach. Auf dem Tankstellen-Parkplatz sitzt eine fünfköpfige Familie auf dem Asphalt. Es sind Eltern, zwei kleine Kinder und die Oma. Die Freunde erklären, dass sie die Familie nach Wien bringen können. Die Familie steigt ein und entgeht so dem teuren Taxi, das schon auf sie gewartet hat. Im Zweier-Konvoi fahren die Freunde zum Westbahnhof. Dort muss alles schnell gehen. Kurz aufs Klo, ein Kaffee – der Zug nach Salzburg fährt um 17.30 Uhr. Eine Freiwillige drückt der Mutter noch ein Stück Kuchen in die Hand, dann verschwindet die Familie im Getümmel des Waggons. Schlechtes Gefühl, weil sie gerade gegen das Gesetz verstoßen haben, haben die Freunde nicht: "Wir haben im richtigen Moment das Richtige getan."

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