Seit Monaten sind in Wien im Rahmen der Aktion „Alles gurgelt“ kostenlose PCR-Tests im Einsatz. Rund 4,6 Millionen Proben wurden bisher ausgewertet. 12.400 (0,27 Prozent) waren positiv.
Oberösterreich hat damit begonnen, das Programm in einzelnen Bezirken zu übernehmen. In der ersten Woche (19. bis 25. Juli), in der in Linz kostenlos PCR-Gurgeltests ausgegeben wurden, sind 4.689 Test durchgeführt worden. Davon waren 79 positiv, was einer Rate von knapp 1,7 entspricht. Das Gesundheitsministerium will überhaupt ein bundesweites Gurgelprogramm etablieren. Die nötige Ausschreibung läuft bereits.
Der immer breitere Einsatz dieser Methode wirft einmal mehr die Frage auf, wie sicher sie im Vergleich zu anderen Testverfahren ist. Zumal immer wieder Patienten davon berichten, dass der Gurgeltest bei ihnen ein falsch negatives Ergebnis geliefert habe, eine bestehende Covid-Infektion also übersehen wurde.
Stella Gebauer (30) aus Wien schilderte dem KURIER, wie ihr beim Gurgeln zweimal ein falsches Ergebnis geliefert worden sei. Sie ist zweimal geimpft, hatte Anfang Juli aber dennoch leichte Erkältungssymptome. Der erste Antigentest war negativ, der Schnupfen wurde dennoch nicht besser. Dazu kam, dass sie Geruchs- und Geschmackssinn verloren hat, wie sie auch in einem Schreiben an die Ärztekammer festhält. Die nächsten Antigentests waren dann alle positiv, zwei PCR-Gurgeltests zeigten jedoch weiterhin „negativ“. Erst ein Abstrich bei einem Privatlabor bestätigte ihr, dass sie positiv getestet worden ist. Ihre Kritik an den Gurgeltests: „Ich hätte mich trotz Infektion weiterhin frei bewegen dürfen.“
Regelmäßig kontrolliert
„Hier stellt sich die Frage, ob das private Labor das richtige Ergebnis geliefert hat“, sagt der Mediziner Michael Havel zu diesem Fall. Er ist Mitbegründer der Lifebrain Group, die die labordiagnostische Auswertung der Gurgeltests in Wien übernimmt. Der Gurgeltest würde keineswegs ungenauer sein als herkömmliche PCR-Tests, bei denen die Probe mittels Nasen-Rachen-Abstrich entnommen wird, betont er.
Havel verweist auf die hohen Qualitätsstandards, die zumindest in seinen Labors verfolgt würden. So würde man zum Beispiel pro Woche zehn Proben ins AKH Wien schicken, wo eine Kontrolluntersuchung durchgeführt wird. Hinzu kämen laufend Ringversuche unter Beteiligung internationaler Institutionen.
Zur Abklärung der Identität muss der Nutzer bei „Alles gurgelt“ einen Lichtbildausweis scannen, sich während des Gurgelns von einer Webcam filmen lassen sowie den Barcode seines Testkits scannen. Kritiker sehen hier ein Potenzial für Missbrauch und Betrug, sei es doch unmöglich, sämtliche Video-Aufnahmen zu kontrollieren und mit dem Lichtbildausweis abzugleichen.
Neue Software
Tatsächlich würden die Videos nur stichprobenartig überprüft, wirft Christoph Steininger von Lead Horizon ein. Das Unternehmen hat die Testkits für „Alles gurgelt“ entwickelt. In absehbarer Zeit werde es aber eine Software geben, mit der dies flächendeckend möglich sein werde. „Natürlich gibt es kein System, das zu 100 Prozent sicher ist. Aber in unserem Fall braucht es schon ein erhebliches Maß an Energie, um es zu umgehen“, sagt Steininger. Havel ergänzt: „Dabei stellt sich auch die Frage, was ein solcher Betrug dem Einzelnen bringen sollte.“
Aus dem AKH kommt dennoch die Anmerkung, dass man bei einem Gurgeltest „nicht nachschauen kann, wie jemand gurgelt“. Deswegen sei ein Nasen- bzw. Rachenabstrich sicherer, so Sylvia Handler vom Klinischen Institut für Labormedizin des AKH.
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