Wie ein Häftling einen Raub vom Gefängnis aus organisierte

Wie ein Häftling einen Raub vom Gefängnis aus organisierte
Das Mitglied einer internationalen Bande soll in der Haft einen schweren Raub geplant haben. Der Plan wurde von der Polizei vereitelt.

Das Wiener Landeskriminalamt und die Spezialeinheit Cobra haben Ende Juli einen geplanten Überfall auf ein gut situiertes älteres Ehepaar in Steyr (Oberösterreich) vereitelt und dabei sieben Personen festgenommen.

Sie sind Teil einer Bande, der noch zahlreiche weitere Delikte vorgeworfen werden: Darunter  Einbrüche, Betrug, Schutzgeld-Erpressung, Vergewaltigung und Drogenhandel. Ein Mitglied sitzt in der Justizanstalt Stein. Der libanesische Häftling soll von dort Hinweise auf die  Raubopfer weitergegeben haben.

"Die Täter wurden uns als sehr gewaltbereit beschrieben"

„Er war ein Verbindungsglied. Es ist am wahrscheinlichsten, dass das bei Besuchen seiner Frau passierte“, sagt Polizeisprecher Paul Eidenberger. Genau wisse man das aber noch nicht.

Wie die Planung in der Haft möglich war, dazu  wollte das Justizministerium  keine Stellungnahme abgeben.

Briefe und Telefonate

„Grundsätzlich werden Insassen im Strafvollzug von der Außenwelt gänzlich abgeschlossen“, teilt eine Sprecherin mit. Das Gesetz sieht aber Ausnahmen vor: Kontakte zu Anwälten, anderen beratenden Stellen sowie Verwandten können in der Strafhaft vom Anstaltsleiter genehmigt werden. 

Häftlinge haben zudem ein Recht auf Briefkontakte und Telefonate. Diese können  bei Missbrauch eingeschränkt und wegen des Briefgeheimnisses  nur bei  Verdacht  stichprobenartig gelesen werden. Telefonate werden überwacht und gelegentlich mitgeschnitten.

Neben den legalen Möglichkeiten, Kontakt zur Außenwelt zu haben, werden auch illegale genutzt, denn Handys und Computer sind Häftlingen nur in Ausnahmefällen erlaubt.

„Es ist erschreckend, was alles möglich ist“, sagt Albin Simma, Vorsitzender der Justizwachegewerkschaft. Man könne nicht verhindern, dass so etwas  passiert. Dazu bräuchte es  mehr Personal.

Die Ermittlungen in diesem Fall begannen im April, als sich eine Prostituierte bei der  Polizei meldete. Sie sei vergewaltigt und zur Scheinehe gezwungen worden. Die Exekutive ging dem Fall nach und stieß  auf den Insassen der Justizanstalt Stein.

Zugriff

Den Raub selbst hätten drei Libanesen, ein Österreicher sowie ein afghanischer Flüchtling durchführen sollen. Das Landeskriminalamt observierte die Truppe und hörte ihre Telefone ab. Als die Verdächtigen die erste Scheibe der Villa in Steyr einschlugen, griff die Cobra zu.

"Es laufen Ermittlungen, für was diese Tätergruppe noch alles infrage kommt"

Zeitgleich wurde der Hauptverdächtige in Wien festgenommen. Das Ehepaar wurde zuvor in Sicherheit gebracht. 50 Beamte konnten die Täter widerstandslos festnehmen.

Schon im Juli deckte der KURIER einen Fall auf, bei dem ein Häftling des Maßnahmenvollzugs in der Justizanstalt Mittersteig in Wien mit Kinderpornos gehandelt haben soll. Er soll über das sogenannte Darknet einen Kinderpornoring geführt haben.

Er hatte eine Affinität für Computer und Technik, sein Anwalt bezeichnete ihn als „Computergenie“. Deshalb hatte er auch in Haft Zugang zu einem bekommen. Der Internetzugang war ihm eigentlich nicht gestattet.

Als der Verdacht im Mai bekannt wurde, sei es zu einer Kontrolle in der Justizanstalt gekommen. Mehrere PCs wurden dabei abgenommen. Mehrere Personen, nicht nur Insassen, werden als Beschuldigte geführt. Auch ehemalige Insassen, verlegte Häftlinge und andere Personen werden jetzt durchleuchtet.

Ermittelt wird auch in einer anderen Justizanstalt. Nämlich in Garsten, Oberösterreich. Dorthin wurde  ein Insasse aus Mittersteig  verlegt. Und genau dort tauchte plötzlich in der Gefängnisküche ein verdächtiger Datenstick auf; versteckt in einem Kochbuch.

Wie es überhaupt möglich war, derartige Machenschaften aus dem Maßnahmenvollzug  zu organisieren, ist noch Teil von Ermittlungen. Zwar gibt es Computer – die werden aber nur unter Aufsicht verwendet.

Als Vergünstigung für Insassen gibt es auf Antrag (und eigene Kosten) auch Laptops. WLAN-Module werden vorab aber ausgebaut, USB-Steckplätze deaktiviert.

Razzia in der Haft

Wie viele Handys oder SIM-Karten jährlich gefunden werden, darüber macht das Justizministerium derzeit keine Angaben. Es tauchen aber immer wieder ähnliche Fälle auf.
Im März hat etwa die Justizwache in Graz-Karlau eine Schwerpunktaktion durchgeführt: Sie fand drei Mobiltelefone, einen USB-Stick, eine SIM-Karte, diverse gehortete Medikamente und Suchtmittelutensilien.

Bei einer Razzia im Jahr 2016 sind in sämtlichen 27 österreichischen Justizanstalten  103 Handys und 65 Hieb- und Stichwaffen sichergestellt worden. 

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