Studie: Wie Klimaschutz auch ohne dicke Pullis und Decken klappen soll

Studie: Wie Klimaschutz auch ohne dicke Pullis und Decken klappen soll
Ein dramatisches Problem beim Klimaschutz in Österreich scheint doch viel einfacher bewältigbar, als befürchtet. Was fehlt, ist bisher nur der (politische) Wille.

Bis Österreich null CO2-Emissionen vorweisen kann, wird das Thema brisant bleiben: Österreich hat sich im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens dazu verpflichtet, aus allen Formen der fossilen Energie auszusteigen.

UNO: Keine Strafe droht

Die Verpflichtungen gegenüber der UNO sind weder binden, noch verpflichtend, und Strafen gibt es auch keine, falls die Ziele nicht erfüllt werden.

EU: Hohe Strafen drohen

Als Mitglied der Europäischen Union gelten aber andere Regeln: Gegenüber der EU-Kommission, die Hüterin der EU-Verträge, sind die Klima-Verpflichtungen bindend und strafbar.

Das heißt konkret: In dem Bereich, der nicht die Industrie und Wirtschaft betrifft, hat Österreich die Verpflichtung, bis 2030 genau 36 Prozent der Emissionen zu reduzieren.

Wie schwer das beim Verkehr, dem Hauptverursacher von CO2, werden wird, hat der KURIER ausführlich berichtet.

Mit 27 Prozent ebenfalls einer der großen Verursacher von CO2 sind unsere Wohnhäuser, konkret geht es um die Warmwasseraufbereitung und die Wärme im Wohnbereich. Weil unsere Häuser großteils schlecht gedämmt sind - und wir mit fossilen Brennstoffen wie Öl, und Gas heizen.

Wie also soll im Wohnbereich in den kommenden zehn Jahren mehr als ein Drittel der CO2-Emissionen abgebaut werden?

Sollen wir einfach kälter duschen? Nur mit Pulli und dicker Wolldecke abends fernschauen?

Mitnichten, zeigt eine neue Studie: Mit Unterstützung des Klimafonds und in Zusammenarbeit mit der österreichischen Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 hat das Institut CESAR erstmals „regionalökonomische Effekte der Verbesserung der thermischen Gebäudequalität und der Erneuerung von Heizsystemen“ für die Bundesländer Niederösterreich, Salzburg und Tirol untersucht.

Ingmar Höbarth, Geschäftsführer Klima- und Energiefonds: „Der Einsatz regionaler Energieressourcen und Investitionen in erneuerbare Energien zahlen sich aus. Das sehen wir seit Jahren in unseren Klima- und Energie-Modellregionen, nun bestätigt sich das auch wissenschaftlich am Beispiel des Wärmesektors. Er ist neben dem Verkehr einer der größten Hebel, um die Pariser Klimaziele zu erreichen.“

Win-Win-Win-Situation

Die Studie kommt zum Schluss: Wenn wir jetzt handeln, könnten tausende neue Jobs entstehen, viele Milliarden Euro nicht mehr an Öl- und Gas-produzierende Länder fließen und ein wesentlicher Beitrag zur CO2-Reduktion geleistet werden. Also eine win-win-win-Situation.

Konkret braucht es dafür zwei Maßnahmen:

  • Eine thermische Sanierung, also den Rauswurf von Öl-Heizungen (und von ineffizienten Gas-Heizungen). 
  • Und eine Sanierung des österreichischen Häuserbestands.
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Etwa 613.000 Ölheizungen sind in Österreich in Wohngebäuden immer noch in Betrieb, ein Großteil davon ist veraltet und sollte dringend ersetzt werden. Das ist das eine Problem – denn noch immer gibt es kein generelles Verbot für Öl-Heizkessel, mehr noch: ein Kesseltausch wird nach wie vor von einer OMV-nahen Firma mit einigen tausend Euro gefördert.

Das andere Problem ist die Sanierungsoffensive in Österreich, die durch Budgetkürzungen fast zum Erliegen gekommen ist: Die jährliche Sanierungsrate liegt bei umfassenden Sanierungen derzeit nur noch bei 0,4 Prozent und nicht bei den notwendigen zwei bis drei Prozent des Gebäudebestands.

Damit sind wir weit weg von der in der Klimastrategie der Bundesregierung formulierten #Mission2030 anvisierten Sanierungsrate von zwei Prozent im Zeitraum 2020 bis 2030. Nötig, so die Studie, wäre vielmehr eine Steigerung auf drei Prozent.

Lösungen

Derzeit sind rund 70.000 Personen in Österreich im Bereich erneuerbarer Energien, dem Bau von Niedrigst-Energiehäusern oder der energetischen Gebäudesanierung beschäftigt. Bei ambitionierter Klimapolitik könnte sich diese Zahl in den kommenden Jahren deutlich erhöhen, belegt die Studie.

Konkret sagt das Studienergebnis:

In Niederösterreich werden Investitionen von 870 Millionen Euro ausgelöst und eine Wertschöpfung von 230 Millionen Euro geschaffen. Die CO2-Einsparungen werden mit 729.000 Tonnen angegeben.

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In Salzburg werden zusätzliche Investitionen von 580 Millionen Euro ausgelöst und eine Wertschöpfung von 140 Millionen Euro geschaffen. Die CO2-Einsparungen werden mit 189.000 Tonnen angegeben.

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In Tirol wird ein Investitionsvolumen von 250 Millionen Euro ausgelöst und eine Wertschöpfung von 100 Millionen Euro geschaffen. Die CO2-Einsparungen werden mit 339.000 Tonnen angegeben.

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„Die Studienergebnisse zeigen, dass die Haushalte mit Investitionen in Sanierung und Heizkessel-Tausch wesentlich zur CO2-Reduktion beitragen können. Obwohl viel Geld für diese Investitionen aufgewendet werden muss, wird der Konsum in Summe sogar angekurbelt. Weiters können die Ausgaben für Energie stark reduziert werden, was die Wertschöpfung im Energiesektor vermindert. Andere Teile der Wirtschaft profitieren von den Investitionen aber so stark, dass in Summe eine deutlich höhere Wertschöpfung erzielt werden kann“, erklärt Studienautor Kurt Kratena.

Mehr Beschäftigte

Um diese Ziele zu erreichen, braucht es viel Arbeitskraft, vor allem in der Bauwirtschaft.

Konkret rechnet die Studie vor:

In Niederösterreich werden 4.593 Arbeitsplätze durch die Wärmewende geschaffen.

In Salzburg werden 2.156 Arbeitsplätze geschaffen.

In Tirol werden 1.787 Arbeitsplätze geschaffen.

Und wie soll das gehen?

Gerechnet wurde mit einer Halbierung des Bestands an Ölheizungen bis 2030, bis 2050 sollte ein vollständiger Ausstieg weiter anvisiert werden.

Die Gasheizungen müssten um ein Drittel bis 2030 reduziert werden.

Bei der Sanierung bräuchte es eine Anhebung der Sanierungsrate auf zwei Prozent.

Und dafür müssen die jeweils bestehenden fossilen Heizsysteme  (Öl und Gas) durch einen Mix aus biogenen Heizsystemen, Umgebungswärme und Fernwärme ersetzt werden.

Was nun fehlt, ist der politische Wille, die Wärmewende zu schaffen.

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