Wetterloch: Österreich und Europa zwischen Hitzewelle und Nässe

Hitze im Norden, Hitze im Südosten – inklusive Rekordtemperaturen in der vergangenen Woche – und dazwischen, hier in Österreich: kühl und regnerisch. Spielt das Wetter verrückt?
Und bitte, wann wird es wieder Sommer?
Der Eindruck, dass es in Österreich trüber ist als sonst, täuscht nicht. Der Wetterdienst Ubimet verzeichnet den trübsten Juli seit 2011. „Wir sind Richtung Rekordwerte unterwegs“, sagt auch Marc Olefs, Klimatologe bei Geosphere. Der Monat wird zu den vier nassesten Juli-Monaten der 168-jährigen Messgeschichte zählen – „vielleicht ist es sogar das drittnasseste“, sagen die Klimatologen. Abgerechnet wird nach dem Monatsende.

Dass es deutlich zu nass ist, hat aber auch sein Gutes – aus der Perspektive der Natur gesehen. „Der Niederschlag ist eine Kompensation“, sagt Olefs. Denn der Juni war viel zu heiß, er war sonnig und trocken. 60 Prozent der Grundwasserstände waren Mitte Juli in Österreich auf Tiefstand – da änderten die Niederschläge noch wenig. Grund waren der vergangene schneearme Winter und der regenarme Frühling.
Hitzesommer gewohnt
Auch wenn es manche anders empfinden: So richtig kalt ist der Juli nicht – sondern durchschnittlich.
Die „normalen“ Temperaturen sind viele Menschen aber aus den vergangenen Jahren nicht mehr gewohnt, die Hitzesommer haben die Wahrnehmung bereits verändert. Das zeigt ein Blick auf die Messreihen aus der Vergangenheit. Betrachtet man das Klimamittel 1961 bis 1990, ist der Juli sogar um 1,5 Grad zu warm.
Tiefs mit Kurs auf Europa
Doch zurück zum aktuellen Wetter, wo die großen Zusammenhänge zählen. „Die Wetterlage über Europa ist seit Tagen mehr oder weniger festgefahren. Atlantiktiefs nehmen Kurs auf Mitteleuropa und verharren dann an Ort und Stelle über mehrere Tage hinweg“, erklärt Michele Salmi, Meteorologe bei Ubimet. „Diese Konstellation führte in den letzten Tagen unter anderem auch zum neuen Hitze-Rekord in der Türkei mit 50,5 Grad im äußersten Südosten des Landes sowie zur längsten Hitzewelle der Messgeschichte Finnlands.“
Ein sogenanntes Omega-Hoch – eine sehr stabile Wetterlage – über Russland blockiert das Sommerwetter hierzulande.
Die Extreme haben jedenfalls Auswirkungen: Hitze und Trockenheit begünstigen Brände.
Kampf gegen die Flammen
Feuerwehrleute kämpften in Sardinien, in Griechenland und der Türkei in den vergangenen Tagen gegen die Flammen. Der Wind fachte sie in einigen Regionen zusätzlich an. In Portugal versuchten die Einsatzkräfte, ein Dutzend Waldbrände unter Kontrolle zu bringen. Die Behörden befürchten wegen der anhaltenden Hitze eine weitere Verschärfung der Lage.

Brände in Griechenland
Die Nässe wiederum erhöht die Gefahr für Muren und Überschwemmungen. Starkregen hat zum Bahnunglück am Sonntag in Riedlingen in Deutschland geführt. Wassermassen hatten offenbar einen Hangrutsch ausgelöst, der vermutlich die Entgleisung verursachte.
In Schärding, Oberösterreich, wurde Dienstag, der Hochwasserschutz aktiviert. In der Stadt Salzburg überschritt die Salzach die Warngrenze. Doch nur wenige Flüsse führen in Österreich Hochwasser.
Die Großwetterlage ändert sich aller Voraussicht nach bis in die erste Augustwoche hinein kaum, lässt Ubimet wissen. „Vom Nahen Osten über Russland bis nach Finnland bleibt es somit viel zu warm für die Jahreszeit. In der Türkei bleiben die 40 bis 45 Grad an der Tagesordnung und in Lappland wird man noch einige Hitzetage mit mehr als 30 Grad erleben.“
Meteorologen bewerten das Wetter nicht. Gut oder schlecht, das gibt es bei ihnen nicht. Sondern nass, trocken, sonnig, wolkig. Übrigens ist das alles in den kommenden Tagen dabei: Denn in Österreich dürfte sich das äußerst unbeständige Wetter fortsetzen.
Wie die Wetteraussichten empfunden werden, hängt ohnehin vom Blickwinkel ab – oder dem Ort, an dem man sich befindet.
Tiktok statt Fenstergucker
Manche nehmen das Chaos mit Humor – und posten Videos auf Tiktok. Eines aus Wien brachte es gestern auf bereits 890.000 Aufrufe. Zu sehen ist das meteorologische Wechselspiel: 7.57 Uhr Sonne, 9.33 dunkle Wolken, 14.03 Sonne, 14.10 grau in grau – und so weiter und so fort. Ein Wetterbericht im Zeitraffer – Österreich-Edition.
Wer keine Lust auf Apps oder Prognosen hat, kann sich auch einfach ans Fenster setzen. Abwechslungsreiches Wetter garantiert.
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