Weniger Strafen bei Amtsmissbrauch

Amtsmissbrauch und Anstiftung dazu sind mit sechs Monaten bis fünf Jahren Haft bedroht
Bagatellfälle werden mit Diversion erledigt, an der Parkpickerl-Affäre arbeitet Justiz seit vier Jahren.

Ein Schuldirektor fälschte die Schülerzahlen, um den Erhalt von Klassen zu sichern: Mit 7800 Euro Geldbuße statt einer Vorstrafe wegen Amtsmissbrauchs war die Sache für ihn erledigt.

Ein Fahrlehrer täuschte nicht absolvierte Nachtfahrten seiner Schüler vor und trug sie ins zentrale Führerscheinregister ein, er kam mit 9000 Euro davon.

Eine führerscheinlose Mitarbeiterin des Verkehrsamtes stellte sich selbst eine vorläufige Lenkerberechtigung aus, sie bleibt bloß zwei Jahre unter Beobachtung.

Solche Fälle könnten eine Erklärung dafür sein, dass die Anklagen und Verurteilungen wegen Missbrauchs der Amtsgewalt zurückgehen: Von 3815 Anzeigen im Vorjahr wurden nur noch 138 Fälle zur Anklage gebracht und 118 Verurteilungen gefällt, 2014 waren es noch 213. Auch die Schuldsprüche wegen Bestechung gehen zurück: Von 121 im Jahr 2014 auf 42 im Vorjahr.

Geringe Schuld

Seit 1. 1. 2014 ist die Diversion (Geldbuße, gemeinnützige Leistungen, Probezeit; scheint nicht im Leumund auf) als Alternative zur Strafe auch bei Amtsmissbrauch möglich. Schuld und Schaden müssen allerdings gering sein.

Diese Liberalisierung ist als "Lex Müllmänner" in die Justizgeschichte eingegangen. Drei Mitarbeiter der Wiener Müllabfuhr hatten aus Gefälligkeit und gegen Einladungen zum Kaffee zu viel bzw. falschen Mist mitgenommen und waren wegen Amtsmissbrauch zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Der Schöffensenat musste das außerordentliche Milderungsrecht bemühen, um unter die Mindeststrafe von sechs Monaten (bis fünf Jahre Höchststrafe) zu kommen.

Mit der Diversion in solchen Bagatellfällen hatte man etwa auch die Sachbearbeiterin bei der Polizei im Auge, die ohne dienstlichen Auftrag das Vorstrafenregister ihres Ex-Freundes ausspioniert. Aufsehen erregendere Amtsverstöße bleiben davon weiter ausgeschlossen.

Wie zum Beispiel die 2012 aufgeflogene Wiener Parkpickerl-Affäre, die noch immer nicht ausgestanden ist.

Der Magistratsbedienstete Manuel H. hatte in rund 300 Fällen unter der Hand Parkpickerln zum "Freundschaftspreis" verkauft. Bei ihm bekam man auch ein Pickerl für einen Bezirk, in dem man gar nicht wohnte. Parkpickerln für ein Jahr kosteten damals bei Manuel H. 50 Euro (statt 200), für zwei Jahre 100 Euro (statt 330).

Der entlassene Gemeindebedienstete wurde im Oktober 2015 zu zwei Jahren bedingt verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hätte sich eine strengere Strafe gewünscht und ging in Berufung, demnächst entscheidet das Oberlandesgericht.

Über 200 Käufer wurden inzwischen wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch und Bestechung zu bedingten Haftstrafen bis neun Monate verurteilt. Diversion kommt in diesen Fällen laut dem Obersten Gerichtshof (OGH) "wegen des signifikant höheren Unrechts- und Schuldgehalts nicht in Betracht".

Geschenk

Keine Verurteilung setzte es für eine Wienerin, die das illegal erworbene Pickerl von ihrer Tochter geschenkt bekommen und an ihrer Windschutzscheibe aufgeklebt hatte. Der OGH erblickte darin weder eine Hehlerei noch sonst eine strafbare Handlung. Auch der Mann, der eine Richterin zur Ausstellung einer falschen Zeitbestätigung (zwecks Alibis) überreden wollte, wurde freigesprochen. So etwas wird nicht als Amtsgeschäft gewertet.

Das Angebot an einen Gerichtsvollzieher, gegen 100 Euro einfach wieder zu gehen, brachte allerdings sieben Monate bedingt ein.

Kein Pardon kennt die Justiz auch bei der Anstiftung zum Amtsmissbrauch im Gefängnis: Bei einer Zellenkontrolle in der Justizanstalt Garsten, OÖ, entdeckte ein Wachebeamter ein verbotenes Handy. Ein 32-jähriger Häftling bedrängte den Beamten, wegzuschauen. Der Beamte meldete jedoch auch den Versuch der Anstiftung zum Amtsmissbrauch, der bereits mehrmals vorbestrafte Häftling bekam zusätzlich sechs Monate unbedingt aufgebrummt.

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