Anton Juffinger ist ein ordentliches Bröckerl, wie man so sagt. Groß gewachsen, breite Schultern und ein Händedruck wie ein Schraubstock. Der Metzgermeister verkörpert seinen Beruf im Wortsinn und fällt trotzdem aus der Reihe.
Denn der Tiroler ist ein reiner Bio-Fleischer. Er ist als solcher Marktführer in Westösterreich und einer von nur drei Betrieben im ganzen Land in derartiger Größenordnung und Herangehensweise.
Vom Kopf bis zum Schwanz
Die beschreibt Juffinger so: „Wir produzieren für Handel und die Gastronomie. Tiere werden bei uns ,from nose to tail‘ verwertet.“ Also vom Kopf bis zum Schwanz. Das ist im Sinne der Nachhaltigkeit, aber auch der Wirtschaftlichkeit.
„Wir kaufen ganze Tiere und müssen sie dem Bauern mit vier Haxen abnehmen.“ Je mehr man verwertet, umso mehr schaut auch finanziell raus.
Rund um die Feiertage, wenn sich Familien und Freunde zu Festessen treffen und sich dabei auch was leisten wollen, hat Fleisch in Österreich Hochsaison. „Zu Weihnachten darennen sie uns“, sagt Juffinger.
Der wichtigste Monat
Der Dezember, in dem der Umsatz um 20 bis 25 Prozent über dem eines Durchschnittsmonats liegt, ist der wichtigste Monat in seinem Unternehmen. „Da müssen wird den Jahresgewinn verdienen.“
Der Betrieb steht in einem kleinen Gewerbepark in Juffingers Heimatgemeinde Thiersee nahe Kufstein an der Grenze zu Bayern. Die 48 Mitarbeiter haben in diesen Tagen alle Hände voll zu tun. Es wird zerlegt, geselcht und verwurstet.
Und am Anfang der Produktionskette wird im eigenen Haus geschlachtet. Am Tag vor dem Besuch Anfang Dezember waren es etwa Schweine, die nun in Hälften an Haken hängen.
Artgerechte Haltung
„Bio-Schweine haben Schwänze“, erklärt Juffinger im Vorbeigehen. Nicht nur, aber vor allem bei nicht artgerechter Haltung, beißen sich die Tiere mitunter gegenseitig die Schwänze ab. Stress kann ein Grund sein. Denn gilt es bei allen Tieren zu vermeiden, die an der Rückseite von Juffingers Firmengebäude angeliefert werden.
In der Woche werden 50 Kälber und Rinder, 150 bis 180 Schweine und 40 bis 50 Lämmer geschlachtet. Bevor es ihnen an den Kragen geht, sollen sie auf einer überdachten Freifläche zur Ruhe kommen.
Um das zu gewährleisten, werden unter anderem Tiere von verschiedenen Höfen nicht vermischt. „Nach einer Stunde beruhigt es sich“, sagt der Metzgermeister.
Es muss schnell gehen
Das ist ebenfalls im Sinne des Tierwohls und des Unternehmers. „Bei der Schlachtung können 50 Prozent der Fleischqualität kaputt gehen.“ Dann nämlich, wenn die Tiere gestresst sind. Sie werden einzeln in die Schlachtstraße gebracht.
Erst mal dort, muss es schnell gehen. Nur 9 Sekunden dürfen zwischen Betäubung und dem tödlichen Stich vergehen, so Juffinger.
86,6Kilo Fleisch wurden laut jüngsten Zahlen der Statistik Austria pro Kopf in Österreich 2023 konsumiert. Dies entspricht einem Rückgang um 1,7 kg im Vergleich zum Jahr davor und ist um 10,9 kg weniger als noch vor zehn Jahren
Im Lebensmitteleinzelhandel beträgt der Bio-Anteil an verkauftem Fleisch und Geflügel laut AMA 7,1 Prozent, bei Wurst und Schinken 3,4 Prozent
Mit der Schlachtung von Tieren war er – aufgewachsen auf dem Hof seines Vaters, einem der ersten Bio-Bauern Tirols – schon als Kind konfrontiert. In elterlichen Betrieb hat er auch begonnen, Speck und Würste herzustellen, und sich 1997 als Metzger selbstständig gemacht.
Heute hat Anton Juffinger über 300 Fleisch- und Wurstprodukte im Sortiment. Jede Woche werden hier 30 Tonnen Fleisch verarbeitet. Bei den Wurstprodukten, die unter dem eigenen Namen sowie unter der Tiroler Bauernmarke „Bio vom Berg“ verkauft werden, ist der Handel der wichtigste Abnehmer; beim Frischfleisch ist es die Gastronomie.
Fleisch für die Starkicker
Seit zehn Jahren wird eine besonders prominente Adresse beliefert: Die Säbener Straße in München. „Wir beliefern ganz viele Sportkantinen. Die bekannteste ist die vom FC Bayern“, sagt Juffinger darauf angesprochen.
Überhaupt gehen 70 Prozent seiner Produkte nach Deutschland. „Ohne Export könnten wir nicht überleben“, sagt er. Bio-Schweinefleisch habe in Österreich nur einen Marktanteil von sechs Prozent. Das sei auch im Nachbarland nicht anders. „Aber sechs Prozent in Deutschland sind halt mehr.“
Aber sind die Konsumenten in Zeiten der Teuerung beim Kauf von ohnehin höherpreisigen Bio-Produkten nicht zurückhaltender? „Es ist eine Konsumbremse da“, bemerkt auch der 50-Jährige. Die Kunden im Supermarkt gehen zwar nicht verloren. „Sie kaufen weiter Bio, aber statt einem Steak eher Faschiertes.“
Der Tiroler glaubt aber, dass „wir vermehrt Konsumenten finden werden, die Bio kaufen. Ich bin überzeugt, dass die Leute was Gutes essen wollen.“ Das gilt zu Weihnachten umso mehr. „In Österreich schätzen wir den Festtagsbraten noch wert. Viele Konsumenten sagen, ich gönne mir was und bin auch bereit, dafür Geld auszugeben.“
12 Millionen Euro Umsatz
Seit Gründung seines Unternehmens sei der Umsatz stets zwischen sechs und 15 Prozent gewachsen und steht mittlerweile bei rund zwölf Millionen Euro.
Im Dezember wird in Thiersee teilweise im Zweischichtbetrieb gearbeitet, damit von vier Uhr in der Nacht bis 22 Uhr abends produziert und so die Nachfrage gestillt werden kann. „Das ist eine Belastungsprobe.“
Natürlich stehen rund um die Feiertage Bratenstücke hoch im Kurs. „Aber auch Würstel haben Hochsaison“, sagt der Fleischer beim Gang durch die Füllerei, in der etwa im großen Stil Frankfurter hergestellt werden und man aufgrund des in der Luft hängenden Dufts Gusto bekommt.
Nicht alles eitle Wonne
Absatzausfälle in der Corona-Zeit, in die Höhe geschossene Personal- und Energiekosten danach. Die Krisen der vergangenen Jahre haben auch Juffingers Firma zugesetzt und zuletzt mehrere Fleischereien in Tirol zum Zusperren gezwungen.
„Wir schreiben heuer aber wieder ein positives Betriebsergebnis“, sagt der Unternehmer. Und hat ebenfalls einen Wunsch ans Christkind, nämlich, dass die Konsumenten ihn nicht nur zu Weihnachten „darennen“, sondern als Bio-Käufer „Ganzjahrespartner“ werden.
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