Warum Österreich ein Land der Zufriedenen ist
Die große Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher ist mit der Lebensqualität an ihrem Wohnort zufrieden. Das zeigt eine aktuelle Umfrage unter 1.000 Befragten des Österreichischen Gallup-Instituts. Leiterin Andrea Fronaschütz erklärt, warum das so ist.
KURIER: Die Österreicher nörgeln viel und gern. Trotzdem sind sie anscheinend sehr zufrieden. Wie erklären Sie sich diese Diskrepanz?
Andrea Fronaschütz: Dieses Nörgeln, das man ständig wahrnimmt, ist gefiltert. Etwa durch die Medien wird es in den Vordergrund gestellt. Die Studie dagegen gibt einen O-Ton aus der Bevölkerung wieder. Aber auch für mich war das Ergebnis positiver als das, was ich von den Österreicherinnen und Österreichern vermeinte wahrzunehmen. Wirklich überrascht hat es uns aber nicht. Schon 2021 war das Ergebnis ähnlich positiv.
Mit 91 Prozent sind die Menschen am Land sogar noch zufriedener als jene in der Stadt mit 84 Prozent. Warum?
Bei der Studie geht es nicht so sehr um den Unterschied zwischen Stadt und Land. Wir haben die Zufriedenheit an den Themen festgemacht. Aber ja, es gibt Themen, da gibt es einen Stadt-Land-Unterschied.
Besonders deutlich zeigt sich das bei den Öffis.
Es ist eben ein Unterschied, ob ich das Angebot in einer Landeshauptstadt betrachte, oder in einem Ort, wo der Bus nur einmal in der Stunde fährt. Trotzdem sind die Menschen in Tirol und Vorarlberg ähnlich zufrieden mit der öffentlichen Anbindung wie die Wienerinnen und Wiener. Die geringste Zufriedenheit herrscht in Niederösterreich und dem Burgenland. Da erklärt es sich aus dem unmittelbaren Vergleich. Wenn man aus dem Waldviertel nach Wien pendelt, bemerkt man den Unterschied jeden Tag.
Die Zufriedenheit mit der gesundheitlichen Infrastruktur ist seit 2021 hingegen um neun Prozent gesunken. Hat das mit Corona zu tun?
Diese Frage habe ich mir auch gestellt. Ich glaube, da geht es darum, dass während Corona viele Gesundheitschecks und planbare Eingriffe verschoben wurden. Das könnte zu einem Rückstau geführt haben, weshalb auch jetzt noch keine Termine verfügbar sind. Die Unzufriedenheit könnte aber auch damit zusammenhängen, dass es seit der Pandemie ein gesteigertes Bewusstsein für die eigene Gesundheit gibt. Der Personalmangel könnte ebenso ein Thema sein. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass Menschen, die ihren finanziellen Status für gut befinden, auch zufriedener mit der gesundheitlichen Infrastruktur sind. Menschen aus größeren Gemeinden sind ebenfalls zufriedener.
Die Österreicher sind laut der Befragung insgesamt aber nicht nur zufrieden, sie fühlen sich auch sicher.
Dieser überbordend große Wert an Menschen, der sich in den eigenen vier Wänden sicher fühlt, hat sich seit 2021 gehalten. An öffentlichen Orten fühlen sich die Menschen sogar noch etwas sicherer als noch bei der letzten Befragung. Das hat sicher auch mit der Pandemie zu tun, wo man noch Angst vor Ansteckung hatte. Es geht aber auch darauf zurück, dass wir derzeit keine mediale Berichterstattung über irgendwelche Unsicherheiten haben. Hätten wir die Frage direkt nach dem Attentat in Wien gestellt, wäre der Wert mit Sicherheit ein anderer gewesen.
Wer fühlt sich besonders sicher oder unsicher?
Interessanterweise gibt es einen Zusammenhang, dass sich Menschen, die ihre eigene finanzielle Lage schlechter einschätzen, sich auch unsicherer fühlen. Sie bewegen sich in Gegenden, wo sie weniger Sicherheit wahrnehmen. Weil sie dort arbeiten oder wohnen. So fühlen sich 51 Prozent der Menschen mit guter finanzieller Lage in Parks sicher. Bei Menschen, die ihre finanzielle Lage als schlecht erachten, sind es dagegen nur 29 Prozent.
Weniger als die Hälfte ist mit dem leistbaren Wohnraum zufrieden. Warum?
Der leistbare Wohnraum ist ein Thema, das in der öffentlichen Wahrnehmung stark diskutiert wird. Es hat eine bestimmte Aktualität und es betrifft so gut wie jeden. Was wir aber sehen ist, dass die selbst eingeschätzte finanzielle Lage der befragten Personen in diesem Fall besonders wichtig ist. Die, die sich finanziell gut gestellt sehen, sind zufriedener mit dem leistbaren Wohnraum. Thema ist es aber in allen Bundesländern. Besonders unzufrieden sind jedoch die Vorarlberger und Tiroler. Genauso wie Menschen in Gemeinden mit über 50.000 Einwohnern. Das erklärt sich mit den Immobilien- und Mietpreisen: Innsbruck oder Salzburg sind im Vergleich immer am teuersten. Im Gegensatz dazu sind die Wienerinnen und Wiener noch einigermaßen zufrieden mit dem leistbaren Wohnraum.
Die Zufriedenheit mit dem eigenen Wohnort nimmt mit Alter und Einkommen zu. Männer sind außerdem zufriedener als Frauen. Ist Österreich ein Land für ältere, wohlhabendere Männer?
Die Zustimmung bei den Älteren kommt wohl daher, dass sie mehr Zeit hatten, ihre Wohnsituation so zu gestalten, wie sie es möchten. Zwischen 16 und 30 Jahren hat man die Zeit und die finanziellen Möglichkeiten noch nicht. Oder man weiß nicht, was man überhaupt möchte. Die Gruppe der 31- bis 50-Jährigen ist schon ähnlich zufrieden wie die über 50-Jährigen. Dass die Frauen etwas unzufriedener sind, könnte an der mangelnden finanziellen Autonomie liegen. Aber der Unterschied in diesem Bereich ist nicht so groß.
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