Ein Seminarraum in einem Innsbrucker Hotel am Donnerstag. Eine von der Tiroler Europa-Abgeordneten Barbara Thaler (ÖVP) angeführte Delegation des EU-Verkehrsausschusses sitzt Präsidenten von vier europäischen Schienenverbänden gegenüber.
Das Treffen dreht sich um die Schwierigkeiten im grenzüberschreitenden Güterbahnverkehr und die Rahmenbedingungen, die dazu führen, dass über die Brenner-Route Waren zu allererst auf der Straße durch Tirol fahren.
"Zu kompliziert, zu teuer"
„Die Probleme auf der Straße kann man nur lösen, wenn man die Probleme auf der Schiene löst“, sagt Thaler. Der Güterverkehr mit der Bahn sei „zu kompliziert, zu langsam, zu unpünktlich, zu teuer“, meint sie. Dass „die Straßen im alpinen Raum an der Kapazitätsgrenze“ sind, lässt sie nicht unerwähnt.
Und schon ist er im Raum, der Konflikt zwischen den Staaten des von München bis Verona reichenden Brenner-Korridors, den die EU-Delegation in drei Tagen bereist.
Stau als Reizthema
Bevor sich EU-Abgeordneter Markus Ferber den Problemen der Bahn widmet, nimmt der CSU-Politiker „als Bayer“ Stellung: „Ich glaube nicht, dass die Lkw-Fahrer, die schon vor Rosenheim im Stau stehen, das schöne Wetter genießen.“
Der Stau, den Ferber meint, ist den Lkw-Blockabfertigungen an der Grenze zu Bayern geschuldet, mit denen Tirol den Transitverkehr an Spitzentagen zu entzerren versucht. Für den CSU-Politiker sind das „einseitige Maßnahmen, die von Jahr zu Jahr ausgedehnt werden“.
Bis zu 2,5 Millionen Lkw fahren jedes Jahr durch Tirol auf der Brenner-Strecke. Die Verlagerung auf die Schiene wird zwar immer wieder als Lösung genannt, kommt aber nicht in die Gänge. Nur ein gutes Viertel der über den Brenner transportierten Waren quert den Pass auf Gleisen, der Rest fährt Autobahn.
Die Tiroler Lkw-Fahrverbote sind deutschen wie italienischen Frächtern ein Dorn im Auge. Sie argumentieren mit dem EU-Grundsatz des freien Warenverkehrs. Die nationalstaatlichen Prioritäten könnten zu jenen von Österreich nicht unterschiedlicher sein.
Ferber vertritt die bayerische Position exemplarisch: „Ich erwarte mir, dass die EU-Kommission ihre Aufgaben erfüllt.“ Sie müsse dafür sorgen, „dass geltendes Recht der Gemeinschaft überall zur Anwendung kommt“. Das Stauproblem an der Grenze möchte er nicht erst gelöst wissen, wenn der Brenner-Basis-Tunnel fertig ist.
Kein Tunnelende in Sicht
Der soll bekanntlich die Schiene für den Warenverkehr attraktiver machen und so die Verlagerung vorantreiben. Bis zur Fertigstellung wird es nach etlichen Verzögerungen aber noch zehn Jahre dauern. Deutschland wie Italien sind indes beim Bau von Zulaufstrecken säumig.
Als Lösung für den überbordenden Straßen-Transit forcieren Tirol, Bayern und Südtirol offiziell zwar inzwischen die Einführung einer Korridormaut zwischen München und Verona, die den Transit über den Brenner verteuern soll. Ob die jemals in Umsetzung kommt, steht jedoch in den Sternen.
Und wie soll Tirol dem Verkehrsproblem ohne Lkw-Beschränkungen in der Zwischenzeit Herr werden? „Ich bin sehr optimistisch, dass wir zeitnah zu Lösungen kommen“, sagt Ferber.
Dass zuletzt nicht mehr in Bewegung gekommen ist, sei dem Abwarten auf die Bildung einer neuen Tiroler Landesregierung geschuldet gewesen. Mit der ist die EU-Delegation bereits Mittwochabend zusammengetroffen. VP-Landeshauptmann Anton Mattle forderte dabei einmal mehr eine Verlagerung des Schwerverkehrs auf die Schiene.
Dafür brauche es, „ausreichend Infrastruktur, wie Terminals und Zulaufstrecken, den Abbau nationaler Regeln und von Betriebsvorschriften im Eisenbahnverkehr“.
Das forderten am Donnerstag auch die nach Tirol an gereisten Bahn-Manager, die zahlreiche Probleme im grenzüberschreitenden Bahnverkehr orteten. Es brauche „mehr Harmonisierung“, so etwa ÖBB-Chef Andreas Matthä, der auch Präsident der Gemeinschaft der Europäischen Bahnen (CER) ist.
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