Orgelbaumeister sorgt im Bezirk Zwettl dafür, dass Instrumente nicht verstummen
Philipp Pemmer geht mit den wertvollen historischen Stücken sorgsam um.
In seiner Waldviertler Tischlerei steht die Orgel von Oberhöflein bei Geras (Bezirk Horn). Sie ist aus dem Jahr 1827 – und hat gehalten, was sie versprochen hat, nämlich an die 200 Jahre. „So lange sollte sie jetzt auch wieder halten“, meint Orgelbaumeister Philipp Pemmer aus Purk (Bezirk Zwettl).
So wie es in der Werkstatt steht, erkennt man auf den ersten Blick nicht, dass es sich um ein Instrument handelt – die Orgelpfeifen sind ausgebaut, die Tasten der Klaviatur zunächst mit einem Tuch abgedeckt.
531 Pfeifen in Einklang bringen
Im März 2024 haben Pemmer und seine Mitarbeiter die Orgel in der Waldviertler Kirche abgebaut – im Frühjahr 2026 soll sie dann wieder bei Messen erklingen. Sechs Wochen wird alleine der Aufbau dauern, erläutert der 43-Jährige. Zwei Wochen davon sind technische Montage, für die Intonation sind die restlichen vier Wochen anberaumt – die einzelnen Pfeifen, es sind 531 Stück, sollen alle gleich klingen. Der Klang muss auch auf die Akustik des Raumes abgestimmt werden.
Nicht nur technisches Geschick gehört zum Beruf des Orgelbauers dazu, sondern auch das entsprechende Gehör. „Und historisches Interesse“, betont Pemmer. Man müsse wissen, wie sich eine Orgel am Ende anhören soll – und das variiert je nach Epoche, in der sie gebaut wurde.
„Umso älter die Instrumente, umso lieber restauriere ich sie“, sagt er. Warum? „Die Hochblüte im Orgelbau ist im 17. Jahrhundert, danach nimmt die Qualität etwas ab“, betont Pemmer. Und außerdem wisse man vom Orgelbauer des Oberhöfleiner Instruments, dass er dem Alkohol zugeneigt gewesen sei. „Mein ältestes Restaurationsstück war aus 1648, diese Orgel war perfekt gebaut, das war weniger Arbeit als mit dieser.“
Pemmers Anspruch ist es, Instrumente so originalgetreu wie möglich zu restaurieren. Bei der Orgel aus Oberhöflein habe man Glück: In der Pfarrchronik sei genau vermerkt worden, was zu welcher Zeit verändert wurde.
Der größte Feind ist der Holzwurm
„Bei mir werden nur Materialien verwendet, die es immer gegeben hat, also kein Plastik, kein Kunststoff, keine modernen Leime“, erklärt er. Nach eigenen Angaben sind 98 Prozent der Teile, die ausgetauscht werden, selbst gemacht – Muttern aus Leder oder Holz oder Gewinde aus Messing. Zum Alltag eines Orgelbaumeisters gehören Tischler-, Spengler-, Schlosser- und Ingenieurarbeiten. Und der Kampf gegen den Holzwurm, dem größten Feind in Pemmers Metier.
Die Orgel von Oberhöflein wurde im Jahr 1827 gebaut.
In Österreich gibt es viele historische Instrumente, „nicht weil man das Erbe bewahren wollte, sondern weil es kein Geld gab, um sie auszutauschen“, so der Experte. Die größten seien immer die Stiftsorgeln. Pemmer, der aktuell vier Mitarbeitende hat, betreut unter anderem Stift Heiligenkreuz mit seinen vier Orgeln und Stift Herzogenburg.
Ein Teil des Alltags eines Orgelbauers sind Wartungs- und Servicearbeiten in den Kirchen. Dort wird zerlegt, gereinigt und gestimmt. Alle zwei Jahre sollte im Idealfall gestimmt werden. Alle zehn Jahre sollten die Orgelpfeifen durchgeputzt werden – zumindest in einer Stadt, am Land reicht es alle 20 Jahre.
„Orgeln stehen nicht im Fokus. Sie werden in der Messe gespielt, sind eher im Hintergrund, die Leute registrieren das nicht so wie bei einem Konzert, wenn etwas nicht stimmt und sie schlecht klingt. Oft geht die Aufmerksamkeit erst dort hin, wenn gar nichts mehr geht“, bemerkt der Waldviertler, der den Betrieb vor elf Jahren vom Vater übernommen hat.
Orgel-Boom in den 1970er und 1980er-Jahren
Pemmers Auftraggeber sind Pfarren oder das Bundesdenkmalamt. Private mit eigener Heimorgel oder welche, die eine in Auftrag geben, gehören eher selten dazu. Pemmer erklärt, dass es in den 1970er und 1980er-Jahren einen regelrechten Boom gegeben habe – nun sei der Markt gesättigt. Aber trotzdem hat er schon Orgeln konstruiert – eine davon steht im 22. Wiener Gemeindebezirk in der Pfarrkirche Essling. Der Pfarre wäre es teurer gekommen, ihr altes Instrument wieder auf Vordermann zu bekommen.
Eines der Glanzstücke ist die barocke Orgel von Pulkau im Bezirk Hollabrunn (1762).
Orgelrestaurierung ist teuer
Eine Restaurierung einer Kirchenorgel ist mit einem großen finanziellen Aufwand verbunden. „Meistens gehen die Projekte von engagierten Einzelpersonen aus und nicht von der Diözese. Sie kümmern sich dann darum, die Finanzierung aufzustellen“, so der Fachmann – manchmal dauert das vom Kostenvoranschlag bis zum Auftrag mehrere Jahre. „Daran gewöhnt man sich“, kommentiert er.
Im Fall der Orgel aus Oberhöflein war das ebenfalls so, zwei Organistinnen hätten das ins Rollen gebracht. Die Instrumente waren schon immer teurer – schon das Interieur einer Kirche lässt auf die Größe und Qualität der Orgel schließen.
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