Volle Städte: Wo zu viele Touristen nerven

Die Venezianer haben genug von riesigen Kreuzfahrtschiffen.
Barcelona, Venedig & Co. leiden unter Overtourism. Eine Studie untersuchte Maßnahmen. Analysiert wurden auch Salzburg und Wien.

Gigantische Kreuzfahrtschiffe, die täglich Tausende Passagiere abladen, sorgen auf Santorin für hektisches Gedränge in einst pittoresken Gassen. Mit fast zwei Millionen Besuchern im Jahr leidet die griechische Insel unter sogenanntem „Overtourism“ – also einer problematischen Entwicklung des Massentourismus, bei der es zu Konflikten zwischen Einheimischen und Gästen kommt. Die Problematik kennen auch Barcelona, Venedig und die Insel Mallorca.

In Österreich laufen Städte wie Wien und Salzburg "Gefahr", so attraktiv zu werden, dass der Tourismus zur Belastung für die Bewohner wird. Die oberösterreichische 800-Einwohner-Gemeinde Hallstatt etwa wird jährlich von 900.000 Besuchern gestürmt. 

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Die Salzburger Getreidegasse an einem geschäftigen Tag.

Wie mit "Overtourism" bestmöglich umgegangen werden kann, das hat sich Roland Berger in einer Studie in Auftrag der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) angesehen. Diese wurde am Mittwoch in der Hofburg präsentiert. Es wurden die Entwicklungen in 52 europäischen Städte analysiert und Maßnahmen erarbeitet, wie Akteure der Entwicklung entgegensteuern können. Wien wurde dabei als "Shining Star" identifiziert.

Gewinner und Verlierer

Beim Tourismus gilt: Des einen Freud, des anderen Leid. Während Hotellerie, Gastronomie und Handel  der stetige Bettenanstieg freut, gilt es darauf zu achten, dass Einheimische durch diese Entwicklung nicht in ihrer Lebensweise eingeschränkt werden.

 

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Den Auswirkungen des Overtourismus widmeten sich, wie berichtet, auch Wissenschaftler der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und der Ludwig-Maximilians-Uni München in einer Langzeitstudie. Anders als bei früheren Marketingerhebungen standen dabei aber nicht die Touristen im Mittelpunkt, sondern die Einwohner.

Dass es vielen Anrainern in europäischen Metropolen mittlerweile zu viel wird, zeigen diverse Protestaktionen der jüngeren Vergangenheit. In Venedig (54.000 Einwohner und 30 Millionen Touristen pro Jahr) stellten sich 2015 rund 2000 Einheimische dem 300 Meter langen Kreuzfahrtschiff „Queen Victoria“ bei der Einfahrt in den Kanal in die Quere. In Barcelona (1,6 Millionen Einwohner, 34 Millionen Touristen) versperrten Bewohner im Sommer 2017 auf dem Strand liegenden Touristen an der Barceloneta, einem besonders beliebten Stadtviertel, den Zugang zum Meer. Und in Palma de Mallorca (die Insel hat 900.000 Einwohner und jährlich 12 Millionen Urlauber) stiegen Spanier mit „Tourist go home“-Plakaten gegen die Besuchermassen auf die Barrikaden.

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Der Strand von Barcelona im Sommer.

Aber wer ist schuld an der Entwicklung? Laut Uni-Professor Harald , der an der Langzeitstudie beteiligt war, hat Overtourism vier Hauptgründe: Den florierenden Kreuzfahrt- und den zunehmenden Städtetourismus, Billig-Airlines sowie digitale Buchungsplattformen.

Gegenmaßnahmen

Das reiselustigste Volk sind übrigens die Chinesen. Sie gaben 2017 rund 258 Millionen Euro für Reisen ins Ausland aus.

Dass Orte wie Barcelona, Venedig oder Santorin wirtschaftlich vom Tourismus abhängig sind, ist kein Geheimnis. Zu lange wurde dieser aber nicht reguliert, die Bedürfnisse der Anrainer zählten wenig.  Wenn Einwohnern die Besucher aber zu viel werden, kippt die Stimmung, sagt . „Darunter leiden dann sowohl Einheimische als auch Reisende.“

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Die thailändische Maya Bay wurde heuer gesperrt.

Punktuell werden bereits Gegenmaßnahmen ergriffen. So wurde etwa die beliebte Maya Bay auf der thailändischen Insel Ko Phi Phi, die durch den Film „The Beach“ mit Leonardo di Caprio Weltruhm erlangte, mit Anfang Juni für vier Monate komplett gesperrt. Zu sehr litt die Umwelt – allen voran das Korallenriff – unter den 5000 Touristen, die hier täglich mit Motorbooten anlegten.

Um die Massen an besonders beliebten Attraktionen einzudämmen, ließen einige Städte bereits Apps entwickeln, die die Wartezeiten anzeigen. Lösungsstrategien müssen aber individuell entwickelt werden.

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