Nach Villach-Anschlag: "Wenn du einmal auf einen Islamisten draufklickst"

Nach Villach-Anschlag: "Wenn du einmal auf einen Islamisten draufklickst"
Der Terrorismus-Experte Peter Neumann sprach in der ZiB2 über die Radikalisierung im Internet und erklärt, was die Politik dagegen unternehmen könnte.

Zusammenfassung

  • Der Terroranschlag in Villach wurde von einem über das Internet radikalisierten Asylberechtigten aus Syrien verübt.
  • Terrorismus-Experte Neumann warnt vor einer Zunahme jihadistischer Aktivitäten und der Rolle von Social Media bei der Radikalisierung.
  • Neumann fordert verbesserte digitale Ausstattung und schnellere Reaktionen der Sicherheitsbehörden.

Die Messer-Attacke in Villach Samstag Nachmittag war ein islamistisch motivierter Terror-Anschlag. Das gab Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Sonntagvormittag bei einer Pressekonferenz in der Kärntner Stadt bekannt.

Der Täter, ein Asylberechtigter aus Syrien, hatte sich innerhalb kurzer Zeit über das Internet radikalisiert. Ein 14-Jähriger starb bei dem Anschlag, drei Personen werden aktuell intensivmedizinisch betreut.

Der 23-jährige Tatverdächtige habe nach seiner Festnahme bei einer ersten Einvernahme erklärt, im Namen der radikalislamistischen Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) gehandelt zu haben. Der Mann dürfte sich innerhalb weniger Wochen auf Tiktok radikalisiert haben.

Terrorismusforscher: "Richtige dschihadistische Welle"

Terrorismus-Experte Neumann in ZiB2

Am Sonntag-Abend war dazu der Terrorismus-Experte Peter Neumann zu Gast in der ZiB2. Neumann hat mehrfach vor solcher Art der Radikalisierung gewarnt. Laut ihm habe man seit dem 7. Oktober 2023, dem Hamas-Massaker in Israel, eine revitalisierte Szene der Jihadisten, und einen Anstieg der Aktivität in Westeuropa. Neuman ortet "eine richtige jihadistische Welle." Diese spiele sich nun vor allem im Internet ab. "Auf Plattformen wie TikTok, Instagram oder Telegram. Und die führen in relativ kurzer Zeit zu sehr brutalen Taten."

Karner forderte am Sonntag mehr Möglichkeiten für die Exekutive, darunter auch eine "anlasslose Massenüberprüfung". Laut Neumann komme das natürlich auf die konkrete Umsetzung an, aber "Im Prinzip ist es keine falsche Idee, sich ähnliche Typen anzuschauen und zu schauen, ob da möglicherweise etwas nicht beachtet wurde."

Das Netzwerk von Islamisten und Jihadisten

Besonders kritisch sieht der Experte vom King’s College London die Entwicklung von Social-Media-Plattformen wie Tiktok. Eine Plattform, die laut Neumann "extrem algorithmisch amplifiziert ist." Soll heißen: "Wenn du einmal auf einen Islamisten drauf klickst, dann kriegst du nur noch Islamisten eingespielt. Und du bekommst das ganze Netzwerk von Islamisten und Jihadisten von diesen Plattformen noch mit dazu geliefert." So sei es "einfacher denn je, in diesen Filterblasen zu landen."

Da gerade junge Menschen diese Plattformen nonstop nutzen würden, könne diese Radikalisierung auch rasch voranschreiten. "Und deswegen sage ich, die Sicherheitsbehörden müssen auch schneller werden, weil die Radikalisierung sich beschleunigt hat."

Das Problem islamistischer Influencer sei jedenfalls bekannt, davor habe auch der österreichische DSN jahrelang gewarnt. Laut Neumann müsse man daher mit diesen Plattformen, speziell Tiktok, strenger sein. "Und da hat die Politik vielleicht nicht versagt, aber sie hat nicht genug Druck gemacht, in keinem europäischen Land."

Für den Terrorismus-Experten wäre das Wichtigste "die technische Ausstattung, die Digitalisierung bei den Sicherheitsbehörden, der Einsatz virtueller Agenten. Die Polizeisicherheitsbehörden müssen im virtuellen Umfeld genauso kompetent, genauso fähig sein wie diejenigen, die sie bekämpfen. Das sind die aktuell nicht und da muss viel aufgeholt werden."