Immerhin, Innenminister Gerhard Karner hat bei seiner Pressekonferenz am Sonntag Entschlossenheit signalisiert. Freilich, auch solches hat man schon oft gehört. Nun ginge es darum, die Entschlossenheit in politisches Handeln überzuführen. Das freilich kann Österreich alleine nicht stemmen. Auch ein von Friedrich Merz geführtes Deutschland nicht. Dazu bräuchte es koordiniertes europäisches Vorgehen. Eigentlich sollte dies ja angesichts einer Vielzahl von rechts bzw. konservativ regierten Ländern möglich sein. Dazu wird es indes auch die Bereitschaft brauchen, die einschlägigen rechtlichen Grundlagen gegebenenfalls nachzujustieren. Wenn rechtlich nicht möglich, was politisch geboten ist, muss man eben das Recht ändern.
Auf einer anderen Ebene bemerkenswert ist, was der türkischstämmige und in Wien tätige Soziologe Kenan Güngör zur Serie der blutigen Anschläge sagt: Entgegen dem Narrativ nämlich, dass diese Terrorakte nichts mit dem Islam zu tun hätten, hält er auf seinen Social-Media-Accounts fest: „Ideologiekritisch betrachtet“ dürfe man nicht behaupten, „dass islamischer Extremismus nichts mit dem Islam, seiner Theologie und Geschichte zu tun hat“. Die historisch-kritische Aufarbeitung, die Europäer, Amerikaner, Christen bezüglich Kolonial- und Kirchengeschichte geleistet haben, sei auch von den Muslimen einzufordern, so Güngör.
Nicht zuletzt aber wird Europa diese und andere Herausforderungen nur bestehen können, wenn es sich auf seine Identität besinnt. Daran hat kürzlich Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin in einem Zeitungsinterview erinnert: Europa müsse sich wieder selbst finden, so der rangzweithöchste Mann der katholischen Weltkirche. Kritisch vermerkte Parolin unter anderem, dass im (schließlich ohnedies nicht in Kraft getretenen) Entwurf einer EU-Verfassung darauf verzichtet wurde, explizit die jüdisch-christlichen Wurzeln Europas zu nennen.
Ohne solche geistig-kulturelle Selbstvergewisserung, ohne Bewusstsein der eigenen Fundamente könne aber Europa keine Zukunft haben, erklärte der Kardinal. Mit anderen Worten: Wer Europa schützen und verteidigen will, muss wissen, was er überhaupt verteidigt.