Verschärfter Ton nach Ärztestreik

Allen Warnungen vor dienstrechtlichen Folgen zum Trotz beteiligten sich in Klagenfurt 150 Ärzte am Streik. Kammerpräsident Josef Huber schwor sie auf einen möglicherweise längeren Arbeitskampf ein.
Kärntens Mediziner legten Arbeit nieder / Weitere Proteste angekündigt, Forderungen abgelehnt.

Während in anderen Bundesländern Einigungen erzielt wurden oder zumindest möglich scheinen, eskaliert der Ärztezwist in Kärnten. 150 Mediziner beteiligten sich am Freitag von 7 bis 9 Uhr am Klinikum Klagenfurt an einem historischen Streik, der vom Betriebsrat weder unterstützt noch angekündigt wurde. Die Spitalsärzte in Villach und Hermagor sowie zahlreiche niedergelassene Mediziner schlossen sich an.

Die Mediziner von Spitalserhalter KABEG ignorierten mit der zweistündigen Arbeitsniederlegung sowohl eine eilig verfasste Dienstanweisung des Arbeitgebers, wonach „Normaldienst“ zu verrichten sei, als auch Warnungen des eigenen Betriebsrats, der „dienstrechtliche Konsequenzen bis hin zu Kündigungen“ befürchtet. Weil man sich von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst nicht mehr vertreten fühlt, wurde die Gründung einer eigenen Ärztegewerkschaft beschlossen.

In einer Resolution forderte die Mediziner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. „Wir lassen uns das unausgewogene Gehaltsschema der Steiermark nicht unterjubeln“, betonte Oberärztin und Mittelbau-Betriebsrätin Petra Preiß, auf einem provisorischen Podium stehend, unter tosendem Applaus.

25 bis 33 Prozent

Kärntens Ärztekammer-Präsident Josef Huber sprach Klartext: „Die 25 bis 33 Prozent Lohnerhöhung, die das Land für die älteren Fachärzte vorsieht, sollen auch die Jungen erhalten, für die nur ein Plus von vier Prozent vorgesehen ist.“ Er schwor die Kollegen auf einen Arbeitskampf ein: „Weitere Streiks sind nicht auszuschließen.“

Neben der Gehaltserhöhung verlangen die Ärzte eine Entschuldigung von Kaiser für die „Kälbermarsch“-Aussagen seines Klubobmanns Herwig Seiser („Hinter der Trommel her trotten die Kälber, das Fell für die Trommeln liefern sie selber“), der sie mit dem Bert-Brecht-Zitat als „nationalsozialistische Mitläufer des Führers“ (in diesem Fall von Ärztekammer-Boss Huber) diffamiert habe. Kaiser schmettert die Forderungen ab. In einem offenen Brief verlautete er, dass Gehaltsforderungen von plus 30-Prozent „Utopie“ seien. Zum Seiser-Sager meinte Kaiser: „Er hat mit diesem Vergleich aufzeigen wollen, dass man hier einer politischen Instrumentalisierung Gefahr läuft.“

Es ist ein Kampf David gegen Goliath: Wegen massiver Ungleichbehandlung bei der Bezahlung von Überstunden hat der Betriebsrat des Landesklinikum Mödling das Land Niederösterreich beim Arbeitsgericht St. Pölten geklagt – und in erster Instanz Recht bekommen. Betroffen sind 16 Ärzte. Sie sollen über Jahre hinweg nicht entsprechend ihrer Verträge bezahlt worden sein. Das Land legte Berufung gegen Teile des Urteils ein. Wird es jedoch bestätigt, könnten Nachzahlungen von rund 100.000 Euro drohen – pro Arzt.

„Bei unserem Nettogehalt gibt es kaum Unterschiede zwischen langgedienten Spitalsärzten und langgedienten Röntgenassistenten – bei wesentlich mehr Stunden“, berichtet eine Ärztin. Bemerkt hatten sie und ihre Kollegen die Praxis 2012, nachdem sukzessive die Arbeitszeit reduziert worden war. Knackpunkt ist die Vermischung von Bestimmungen des Landesvertragsbedienstetengesetzes (LVBG) mit jenen des Spitalsärztegesetzes (SÄG). Konkret geht es um jene Ärzte, die ebenso wie die Pflegekräfte nach dem Landesvertragsbedienstetengesetz (LVBG) angestellt wurden.

Was bei den Medizinern bis 2000 üblich war. Doch während das pflegende Personal für Überstunden an Sonn- und Feiertagen einen 100-prozentigen Überstundenzuschlag erhält (ab der 9. Stunde sogar 200 Prozent), werden diese Überstunden den Ärzten nur mit 50 Prozent abgegolten. Das entspricht aber der Entlohnung nach dem SÄG. Allerdings wird bei letzterem der Nachtdienst als Arbeitszeit berechnet und voll bezahlt, bei den LVBG-Ärzten wird sie nur als Bereitschaftsdienst betrachtet. Vier Stunden des achtstündigen Dienstes werden daher nicht als Arbeitszeit angerechnet. Die Folge: längere Arbeitszeiten und massive Gehaltseinbußen.

Rosinenprinzip

„Hier hat man einfach ein paar Instrumente aus dem Spitalsärztegesetz für das LVBG angewandt“, erklärt der Vorsitzende des Zentralbetriebsrats, Peter Maschat. Diese Praxis bestehe seit 1998 um Kosten zu sparen, ist man im Spital Mödling sicher. Urgenzen beim Land, diese Praxis zu ändern, stießen auf taube Ohren.

Im Urteil heißt es: „Zur Abgeltung der Überstunden ist auszuführen, dass im gegenständlichen Fall der Dienstgeber nach dem Rosinenprinzip die Bestimmungen anwendet, die ihm günstiger erscheinen.“ Beim Land will man mit dem Hinweis auf das laufende Verfahren keine Stellungnahme abgeben.

Der Streit um das neue Arbeitszeitgesetz gewinnt auch in Wien an Schärfe. Für Montagnachmittag lädt die Ärztekammer zu einer Großkundgebung ins MuseumsQuartier ein. Bis zu 700 Spitalsmediziner werden dabei erwartet. Die Patientenversorgung soll durch die Veranstaltung aber nicht beeinträchtigt werden.

Dabei wollen die Ärzte die aktuelle Situation in den Wiener Spitälern diskutieren, die seit der Verkürzung der durchschnittlichen Wochen-Arbeitszeit auf 48 Stunden sehr angespannt ist. Im AKH etwa mussten die OP-Kapazitäten bereits um 10 bis 15 Prozent zurückgefahren werden (der KURIER berichtete). Und wie in den Gemeindespitälern gibt es noch keine Lösung, wie die Gehaltseinbußen durch die Arbeitszeit-Verkürzung ausgeglichen werden sollen.

Immerhin: In Sachen AKH kam zuletzt etwas Bewegung in die Verhandlungen. Trotzdem werde die Stimmung unter den Ärzten von Tag zu Tag schlechter, schildert Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres die Lage. Spätestens im März rechnet er mit gröberen Versorgungsengpässen, weil derzeit noch viele Ärzte – gleichsam auf Kredit – länger als die vorgeschriebenen 48 Stunden arbeiten würden. Sollte nicht bald eine Lösung gefunden werden, könnte es laut Szekeres auch zu Kampfmaßnahmen kommen.

Bei dem Treffen am Montag sollen die Vorstellungen der Ärzte über attraktivere Arbeitszeit-Modelle diskutiert werden. Gefordert wird auch eine Anhebung der Bezahlung auf ein international übliches Niveau. „Derzeit liegt das Einkommen der Wiener Spitalsärzte 30 Prozent unter jenem in Deutschland“, rechnet Szekeres vor. Das sei auch der Grund dafür, dass Österreich mittlerweile an einem massiven Jungärzte-Mangel leide.

Die Diskussion soll in einen Forderungskatalog und eine Resolution münden.

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