Unterschiede extrem: Scharfe Kritik an Verkehrsstrafen-Wirrwarr
Wer wissen möchte, was Verkehrsübertretungen in Österreich kosten, der muss neun verschiedene Gesetze lesen. Für die Abwicklung sind dann insgesamt 14 Akteure (von Polizei über Mautkontrollore bis zum Verwaltungsgerichtshof) zuständig. In Niederösterreich gab es Sitzungen im Land, wo besprochen wurde, wie man Strafen wenigstens innerhalb eines Bezirks vereinheitlichen könne.
Das sind Erkenntnisse einer neuen Prüfung des Rechnungshofes, der an dem Wirrwarr Kritik übt. Kaum etwas wird nicht beanstandet: Die Organmandate etwa werden noch immer großteils händisch abgerechnet, eine Kontrolle sei kaum möglich. Auch fehlt ein einheitliches Computer-System, in dem die Strafen eingetragen werden können.
So sei es nicht möglich, Wiederholungstäter ausfindig zu machen. Dabei hat dies eigentlich eine Auswirkung auf die Strafhöhe. Der Rechnungshof hat lediglich zwei Bundesländer (Nieder- und Oberösterreich) sowie die Asfinag geprüft.
Diese nehmen zusammen rund 310 Millionen Euro an Strafgeldern ein, insgesamt dürften die Autofahrer laut Schätzungen (inklusive Parkstrafen) aber österreichweit mehr als eine Milliarde Euro bezahlen.
Fest steht jedenfalls, dass die Unterschiede innerhalb der Bundesländer sehr groß sind. Selbst zwischen Nieder- und Oberösterreich gibt es enorme Diskrepanzen, obwohl es vom Innenministerium (BMI) eigentlich einen Katalog gibt.
"Unterlassene Hilfeleistung" etwa sollte laut BMI 365 Euro kosten, in Niederösterreich zahlt man mit 70 Euro weniger als ein Fünftel. Eine Organstrafe wegen "vorschriftswidrigen Vorbeifahrens an einem Kindertransport" kostet in Niederösterreich 50 Euro, in Oberösterreich mit 20 Euro weniger als die Hälfte.
Ähnliche Unterschiede gab es auch bei der Übertretung von Geschwindigkeitsbegrenzungen. Den Toleranzbereich können die Behörden selbst festlegen, diese werden teilweise in km/h und teilweise in Prozent festgelegt.
Laut KURIER-Informationen schwanken diese selbst im Ortsgebiet zwischen drei und 20 km/h. In Oberösterreich kamen laut Rechnungshof erlassmäßig festgelegte Straftoleranzen zur Anwendung, Niederösterreich gab diese gar nicht bekannt.
Rechnungshof kritisiert uneinheitliche Verkehrsstrafen
Experten und Insider sind über die Erkenntnisse der Rechnungshof-Prüfer wenig überrascht. Doch Versuche, hier Änderungen durchzubringen, scheiterten entweder am Widerstand der Länder, die um ihre föderalen Kompetenzen fürchten, oder an politischen Parteien in der Regierung (wobei alle drei Großparteien schon abwechselnd auf der Bremse standen).
Das Thema Strafen von Autofahrern wird ungern angegangen. Wobei der Rechnungshof überraschend vom Innenministerium Änderungen einfordert, obwohl vor allem das Verkehrsministerium dafür zuständig ist.
Auch sollen laut Bericht im Justizministerium seit 2017 Pläne liegen, die ein zentrales System vorschlagen. Dort wird betont, dass an einem umfangreichen Verwaltungsstrafsystem noch gearbeitet werde.
Ausländische Lenker
Auch europaweit ging bisher wenig weiter. Die Verfolgung von ausländischen Verkehrssündern ist laut Rechnungshof noch immer schwer möglich. In Deutschland (betrifft 35 Prozent der Strafen von Ausländern) gibt es weiterhin keine Lenkerauskunft, weshalb es Probleme bei der Vollstreckung gibt.
Frankreich, Lettland und Rumänien verweigerten jedes Rechtshilfeersuchen bei Verkehrsdelikten. Gut funktioniert es offenbar nur mit der Schweiz und Liechtenstein.
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