Nach Vorarlberg am Montag verschaffte sich der neue Verkehrsminister am Dienstag in Tirol einen Überblick über die Probleme.
Am Rande eines Betriebsbesuchs beim Gasmotorenhersteller Innio in Jenbach – direkt an der viel befahrenen Inntalautobahn A12 gelegen – sprach Peter Hanke mit dem KURIER über Budget- und Klimanöte.
Für einen Gesetzeswunsch von Tirols ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle gab es dabei eine Absage.
KURIER: Die neue Ministerriege hat einen starken Osteinschlag. Wie vertraut sind Sie schon mit den Verkehrsproblemen im Süden oder Westen von Österreich? Peter Hanke: Darum bin ich heute da. Mir ist es ganz wichtig, vor Ort die Entscheider zu treffen und zu sehen, welche Lebenssituation die Menschen haben. Und aus dieser Kombination dann richtige Entscheidungen zu treffen. Ich weiß, wie wichtig es ist, dass es den persönlichen Kontakt gibt und der dann belastbar sein muss. Das ist aus meiner Sicht die Politik, die ich machen möchte: sehr eng mit denen vernetzt zu sein, die vor Ort sind.
Sie kommen gerade aus Vorarlberg. Da ist der Bau der S18 ähnlich umstritten wie der Lobautunnel in Wien. Beides wurde von Ihrer Vorgängerin auf Eis gelegt. Kommt diese Schnellstraße unter Ihnen als Minister? Es ist viel zu früh, diese Entscheidung zu treffen. Es gibt ein Vorprojekt, das jetzt beendet wird und dann in weitere Planungsschritte mündet. Natürlich muss man mit allen Stakeholdern sprechen. Aber ich sehe es ein bisschen wie beim Lobautunnel. Es gibt natürlich auf der einen Seite die Verantwortung für das Thema Umwelt. Und auf der anderen Seite für eine wirtschaftlich gesunde Entwicklung in der Region.
Ich bin sicher, irgendwo gibt es einen Kompromissweg, der gegangen werden muss. Das ist in Vorarlberg so, das ist in Wien so. Und natürlich kann man das nie gegen die regionale Politik oder gegen die regionale Bevölkerung machen.
Also kein Drüberfahren? Bei der S18 etwa gibt es gerade aus der Region, die entlastet werden soll, beträchtliche Widerstände von Gegnern. Nein. Drüberfahren geht nicht. Es geht nur gemeinsam. Diese Art der Politik, irgendetwas vorzugeben und zu erwarten, dass sich alle anderen danach richten, ist die falsche. Man muss mit allen einen Kompromiss finden. Das ist nicht leicht, aber diese Arbeit muss man sich machen.
Die S18 soll zwei Milliarden Euro kosten. Beim Lobautunnel sprechen die Grünen von sechs Milliarden Euro. Kann sich Österreich das jetzt überhaupt leisten? Diese Projekte bringen ja alle einen Mehrwert: verkehrstechnisch eine Entlastung und für den Wirtschaftsstandort entsprechende Aufträge. Dieses Geld würde ja nicht verbaut oder vergraben werden, sondern es wird in den Umlauf gebracht und bringt Wirtschaftsleistung.
Diese Wirtschaftsleistung müssen wir gerade in Zeiten bedenken, wo Österreich das dritte Jahr eines konjunkturellen Tiefs durchschreitet. Der öffentliche Auftraggeber muss immer einen halben Schritt voran sein.
Straßenbau ist immer auch Bodenversiegelung, bei der Österreich Europameister ist. Können wir uns aus dieser Perspektive solche riesigen Vorhaben leisten? Es ist leider so, dass gewisse Verkehrsaufkommen da sind und dass diese kanalisiert werden müssen. Aber wir werden schon vernünftig mit dem Thema umgehen müssen. Wir wollen auch nicht, dass Lärmemissionen zu stark sind. Wir sehen ja hier in Tirol ganz besonders die Auswirkungen des Verkehrs.
Landeshauptmann Anton Mattle hat ein IG-Lärm – also ein Gesetz analog zum IG-L, das etwa die Grundlage für den „Lufthunderter“ ist – gefordert. Wie stehen Sie dazu? Ich glaube, das Luftthema sollte Priorität haben. Für mich ist wichtig, hier die EU-Logik mitzunehmen und diesen Weg zu gehen.
Wir sitzen hier praktisch direkt an der A12, der Brennerroute. Wie geht es Ihnen, wenn Sie diese Lkw-Massen sehen?
Es ist belastend für die Menschen, die hier wohnen. Deshalb gilt es immer wieder, an diesen Projekten zu arbeiten, die teilweise Jahrhundertprojekte sind. Es ist gut, dass historisch diese Entscheidung für den Brenner-Tunnel getroffen wurde.
Der Tunnel, in den Österreich Milliarden pumpt, soll den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene bringen. Aber Deutschland macht keine Anstalten die vertraglich vereinbarten Zulaufgleise zu bauen. Was richten Sie Ihrem voraussichtlichen neuen deutschen Amtskollegen Patrick Schnieder (CDU) aus?
Ich werde ihm nichts ausrichten, das ist nicht meine Art. Ich werde mit dem 6. Mai (voraussichtlicher Start der deutschen Regierung) beginnen, Ihn um einen Gesprächstermin zu ersuchen. Und klarstellen, wie wir in Mitteleuropa mit diesem Thema umgehen. Dieser Diskussion wird sich auch der neue Minister stellen müssen. Es gilt, eine neue Qualität der Zusammenarbeit mit Deutschland und Italien zu finden.
Mit ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle (li) und Tirols SPÖ-Verkehrslandesrat René Zumtobel besuchte Peter Hanke am Dienstag den Brenner Basistunnel
Beide Länder machen seit Jahren massiven Druck auf Tirol, Anti-Transit-Maßnahmen zu lockern. Wo stehen Sie in diesem Konflikt?
Ich bin ganz klar auf Seiten Tirols und unterstütze den Landeshauptmann und die Landesregierung zu 100 Prozent.
Die Budgetverhandlungen in der Bundesregierung sind gerade auf den letzten Metern. Wo werden Sie in Ihrem Ressort sparen? Es wird jetzt noch gearbeitet. Es wäre unseriös, schon Zahlen zu nennen. Aber es sind natürlich mehrere 100 Millionen, die auch von meinem Ministerium einzusparen sind. Das bedeutet, dass es Verschiebungen von Projekten geben wird. Das hat Auswirkungen auf vieles: auf das Zielnetz 2040 der ÖBB, auf die Asfinag und alle anderen Partner, die hier mit dabei sind. Wir versuchen, alles zu geben, um mit einem geringeren Budget die größtmögliche Wirkung zu erzielen.
Am 13. Mai will Hankes Parteifreund und Regierungskollege Markus Marterbauer seine erste Budgetrede als Finanzminister halten
Für Sie als Infrastrukturminister gibt es noch ein weiteres Problem. Die klimawandelbedingte Zunahme von Naturereignissen verursacht immer größere Schäden – siehe Westbahnstrecke. Macht Ihnen das mit Blick auf knappe Kassen ebenfalls Sorgen? Das macht mir Sorgen, auch für die nächste Generation. Ich bin selbst Vater von drei Kindern. Ich möchte, dass Österreich auch bestmöglich durch diese schwierigen Klimajahre kommt. Man wird all diese Phänomene mitzubedenken haben – vom Planungsbeginn weg. Zu wissen, wie man mit solchen Ereignissen umgeht, wird Gebot der Stunde sein.
In Nöten ist auch der heimische Industriestandort. Wir sind hier in einem Unternehmen, das entgegen dem Trend gerade ein weiteres Werk plant. Wie blicken Sie aus der Wirtschaftsperspektive nach vorne? Sehr konzentriert, angespannt, aber optimistisch. Das sind wird der nächsten Generation schuldig.
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