Verkehr: Die Verbannung aus der Innenstadt

In vielen Städten gibt es verkehrsberuhigte Zonen
Was Städte in Europa und Österreich tun, damit ihre Zentren nicht im Verkehr ersticken.

Verpestete Luft, verstopfte Straßen, dröhnender Lärm: Begleiterscheinungen des motorisierten Individualverkehrs wie diese belasten Europas Metropolen und ihre Bewohner. Zahlreiche Städte versuchen daher, die Autokolonnen an ihren Toren auszubremsen. Die Strategien reichen von den italienischen Sperrzonen um die historischen Zentren über die Londoner City-Maut bis hin zu verschiedenen Formen der Umweltzonen für Pkw (siehe Grafik). In Österreich hingegen sind letztere bisher nur Theorie – wobei in Wien bald Bewegung in die Debatte kommen könnte.

Verkehr: Die Verbannung aus der Innenstadt
Grafik

Im vom Feinstaub geplagten Graz etwa werden seit Jahren Fahrverbote für Diesel-Autos diskutiert. 2012 ließ Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) die Bewohner über eine Umweltzone abstimmen. In ihr wären nur noch Diesel-Pkw mit zumindest Euro-Klasse 5 erlaubt gewesen. Rund zwei Drittel der Befragten waren dagegen. In Linz fehlt die politische Mehrheit für eine Umweltzone.

In Wien werden dagegen sogar zwei Einschränkungen für den innerstädtischen Verkehr ausgelotet. Im Zuge der jüngsten Debatte um Parkraum konstatierte die grüne Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou, dass die City-Bewohner "mit der Verkehrssituation generell unzufrieden sind". Sie versprach daraufhin ein umfassendes Verkehrskonzept. Mögliches Vorbild: Italienische Städte.

Gegen dicke Luft

Außerdem setzen sich die Wiener Grünen für eine Umweltzone ein. Welche Fahrzeuge und Stadtteile betroffen sein könnten, lassen sie seit rund einem Jahr prüfen. Resultate waren zuletzt für Jänner 2018 angekündigt. "Laut letzter Auskunft des Umweltbundesamts wird es März", sagt Rüdiger Maresch, Verkehrssprecher der grünen Fraktion im Wiener Rathaus, zum KURIER. Skeptisch gegenüber einer Umweltzone ist der ÖAMTC. Sie würde "enormen sozialen Sprengstoff" bergen, da sie vor allem "untere soziale Schichten" treffe, die ältere Modelle fahren.

Wie mit derartigen Hürden umgegangen werden kann, zeigt München vor. Der bayerischen Landeshauptstadt, wo fast so viele Menschen leben wie in Wien, wurde 2008 als Reaktion auf die Überschreitung von Feinstaub-Grenzwerten eine Umweltzone verordnet. "Natürlich hat es Diskussionen gegeben", räumt Alexander Kreipl vom deutschen Verkehrsklub ADAC ein. "Aber keine großen Aufstände." Heute, zehn Jahre später, habe München kein Feinstaub-Problem mehr.

Verbot in Stufen

"Die Umweltzone ist ein probates Mittel zu Reduktion der Feinstaub-Belastung", ist auch ein Sprecher des städtischen Umweltreferats überzeugt. Mit einer stufenweisen Einführung sei es in München gelungen, soziale Härtefälle zu vermeiden. "Stopp" hieß es am Mittleren Ring, der den Beginn der Zone markiert, anfänglich nur für Autos mit besonders schlechten Abgaswerten. Nach und nach wurden weitere Pkw-Gruppen erfasst. Zudem gibt es Ausnahmen für Bewohner. Der ADAC lobt diese Vorgehensweise: "Die Stadt hat umsichtig gehandelt", sagt Sprecher Kreipl. "Daher ist die Akzeptanz bei der Bevölkerung da." Das Verkehrsaufkommen habe sich durch die Zone nicht verringert, dafür seien jetzt umweltschonendere Autos unterwegs.

Inzwischen feilt München an der nächsten Verschärfung. Da die Stickoxid-Werte (NOx) nach wie vor zu hoch seien, wolle die Stadt die Umweltzone weiterentwickeln, sagt der Sprecher des Umweltreferats. Auch Autos mit hohem NOx-Ausstoß sollen künftig an der Innenstadt-Grenze ausgesiebt werden. Dazu fehle derzeit aber noch die rechtliche Grundlage vom Bund.

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