Ermittlungen gegen Soldaten
Keine aussagekräftigen Zeugen – Polizei und Anklagebehörde tappen im Dunkeln. Der Vorwurf der Vergewaltigung durch Bundesheer-Angehörige steht im Raum. Vor 45 Jahren soll das Martyrium einer heute 61-jährigen Tirolerin stattgefunden haben. Die Chancen auf eine Klärung gehen gegen null.
Der KURIER berichtete am 19. August 2012 über das Schicksal der Frau. Februar 1968, Faschingsball in der Mädchen-Erziehungsanstalt St. Martin in Tirol: Das damals 16-jährige Mädchen soll von mehreren Männern in Uniform vergewaltigt worden sein. Im Jahr darauf habe sich Ähnliches ereignet. Wieder seien es Soldaten gewesen.
Mittlerweile hat die 61-Jährige ihre Aussage bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck zu Protokoll gegeben. „Erhebungen beim Landeskriminalamt Tirol sind im Gange“, erklärt Staatsanwältin Renate Nötzold. Obwohl es Fotos vom Ball 1968 gibt, auf dem Heeresangehörige zu erkennen sind, war es bisher anscheinend nicht möglich, Genaueres über die Veranstaltung herauszufinden.
Ohne auf Details einzugehen, die Darstellung der damaligen Geschehnisse durch die Betroffene im Vernehmungsprotokoll: Eine Erzieherin habe sie in einen Raum geschickt. „Ich sollte mich im Krankenzimmer, das zu diesem Zeitpunkt noch leer war, derweil ausziehen.“ Sie habe sich gewundert, da sie nicht krank war. Aber: „Man hat ja folgen müssen.“
Drei Männer
Dann sei „ein Bundesheerler“ in den Raum gekommen und habe sich auf sie geworfen und sie vergewaltigt. „Ich wusste gar nicht, was da mit mir passiert. Ich habe geweint, nicht geschrien.“ Ein weiterer Uniformierter sei anschließend ebenfalls über sie hergefallen. Zumindest ein dritter Mann sei damals noch im Zimmer gewesen. Als alles vorbei war, sei die Erzieherin zurückgekommen. „Sie hat gesagt: ,Du Drecksau, jetzt gehst du duschen.‘“
Auch andere Mädchen seien an den beiden Ball-Abenden von der Erzieherin in ein Zimmer gebracht worden, sagt die Betroffene. „Was dort passiert ist, weiß ich aber nicht.“ Beim KURIER hat sich eine weitere Zeugin gemeldet, die zumindest bestätigen kann, dass einzelne Mädchen vom Ball-Geschehen weggeholt worden sind. Auch sie wisse jedoch nicht, was sich hinter verschlossenen Türen abgespielt hat.
„Es hat sich nichts Neues ergeben“, heißt es seitens des Innsbrucker Landeskriminalamtes. Bisher seien die Aussagen der 61-Jährigen „nicht bestätigt“ worden. An die hundert Leute hätten bei der im August eingerichteten Bundesheer-Hotline angerufen. „Aber es ist wenig Aussagekräftiges dabei.“ Die Erzieherin, die das Mädchen 1968 in das Zimmer geschickt haben soll, sei mutmaßlich dement, erklärt die Polizei. Kontakt zu ihr habe man aber noch keinen gehabt.
Auch die damalige Heimleiterin Herta T., die derzeit nahe Wien lebt, wurde vom LKA Tirol bis dato nicht kontaktiert. Dem KURIER gegenüber wies sie die Vorwürfe zurück. Ein Ex-Politiker, der auf einem der Ball-Fotos, die dem KURIER (und der Staatsanwaltschaft) vorliegen, erkannt wurde, sei ebenfalls noch nicht befragt worden.
„Zerbrochene Psyche“
Die Frau steht mit ihrer Aussage nach wie vor alleine da. Ihr Anwalt Mario Mandl hofft dennoch, die Vorfälle zu klären: „Es gibt einige Leute, die auf Fotos zu erkennen sind.“ Bedauern äußert er für seine Mandantin. „Jedes ehemalige Heimkind muss seine Tragödie selber tragen. Bei jedem bleibt eine zerbrochene Psyche zurück.“ Und die Gewissheit, dass ein Verbrechen nach so langer Zeit kaum geklärt werden kann.
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