Vater kam nicht, Prozess geplatzt

Eine blonde Frau spricht vor Mikrofonen im „Grosser Gerichtssaal“.
Staatsanwaltschaft prüft Möglichkeit eines Haftbefehls.Thomas S. hat "kein Vertrauen in die österreichische Rechtssicherheit"

„Viel mehr gibt’s hier nicht zu fotografieren“, nimmt Richter Stefan Koller das rasche Verhandlungsende vorweg: Thomas S., der Vater des sechsjährigen Oliver, kommt Donnerstag nicht zum Prozess nach Graz. „Er hat kein Vertrauen mehr in die österreichische Justiz“, lässt sein Verteidiger Jürgen Mertens wissen.

Der Däne ist wegen des Verdachts der Kindesentziehung angeklagt: 2012 setzte er den Buben in Graz in ein Auto und verschwand mit ihm nach Dänemark. Zwölf Monate bedingte Haft brachte ihm das im September ein. Das Urteil wurde aufgehoben, der Prozess sollte am Donnerstag wiederholt werden.Nun prüft die Staatsanwaltschaft Graz einen EU-Haftbefehl gegen S. „Wenn so ein Antrag der Staatsanwaltschaft kommt, wird es von mir einen Haftbefehl geben“, kündigt Richter Koller den Verteidigern Mertens und Barbara Prasthofer-Wagner an.

Dass S. jetzt nicht in Graz sei, habe aber „mit der Medienberichterstattung zu tun“, beteuert Prasthofer-Wagner. „Aber ich bin guten Mutes, dass er bei der nächsten Ladung erscheint.“ Im dänischen Fernsehen klingt S. ausweichend: Er befürchte, ins Gefängnis zu kommen.

Richter Koller macht kurzen Prozess und bricht das Verfahren ab. „Den Riesenauflauf werden wir nicht jedes Mal machen, in der Hoffnung, er erscheint.“

Medienrummel

Marion Weilharter, Olivers Grazer Mutter, wird indes von Journalisten umringt. „Mir geht es heute genauso schlecht wie gestern“, spricht sie in die Mikrofone. „Ich muss das jetzt ein zweites Mal durchmachen und auch ein drittes Mal.“ Denn fix ist: Es wird ein neuer Prozesstermin ausgeschrieben. Doch S. muss freiwillig erscheinen, vorführen geht nicht: Dänemark liefert seinen Bürger nicht aus. Auch Österreich würde das im umgekehrten Fall nicht machen, betont der Leiter der Staatsanwaltschaft, Thomas Mühlbacher. „Vor allem dann nicht, wenn der Staat meint, dass das, was sein Bürger gemacht hat, nicht strafbar ist.“

Das ist der Haken: Dänische Gerichte bestätigten die Obsorge des Vaters über Oliver, österreichische jedoch die der Mutter. Geht der Haftbefehl durch, kann S. Dänemark kaum verlassen. „Eigentlich sitzt er im Käfig“, kommentiert Mühlbacher.

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