Unglück in Zürs: „Schutz vor Lawine ist Pflicht des Betreibers“

Eine Gruppe von Skifahrern steht nachts auf einer schneebedeckten Piste, die von Scheinwerfern beleuchtet wird.
Die Ermittlungen dazu, wie eine Lawine in Zürs auf eine offene Piste donnern konnte, laufen. Andreas Ermacora, OeAV-Präsident und Experte für Alpinrecht, über die möglichen rechtlichen Folgen

Zwei Tage nachdem mehrere Skifahrer in Zürs auf einer Piste von einer Lawine erfasst wurden, hat sich im benachbarten Tirol eine Lawine im Skigebiet von Hochimst gelöst – allerdings auf einer gesperrten Piste, die heuer noch gar nicht in Betrieb war.

Trotzdem folgte am Dienstag eine groß angelegte Suchaktion, weil nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sich Wintersportler trotz Pistensperre in dem betroffenen Bereich aufgehalten haben. Nach mehreren Stunden konnte Entwarnung gegeben werden.

Am Arlberg laufen indes die Ermittlungen zur Ursache des Lawinenunglücks mitten im Skigebiet auf einer der Hauptabfahrten im Bereich des Trittkopfs auf Hochtouren.

Schneeprofil gesichert: "Teil der Beweiskette"

Alpinpolizei und der Lawinenwarndienst Vorarlberg haben inzwischen Untersuchungen an der Unglücksstelle durchgeführt, wie Rainer Fitz, Sprecher der Landespolizeidirektion Vorarlberg, mitteilt: „Es wurde ein Schneeprofil aufgenommen. Das Ergebnis kommentieren wir nicht. Es ist Teil der Beweiskette.“

Bis es einen Bericht an die Staatsanwaltschaft Feldkirch gibt, wird es noch dauern. Die Erhebungen sind umfangreich.

Ein schneebedeckter Berghang unter blauem Himmel.

Die Lawine fegte regelrecht über die Wintersportler drüber

Die Causa ist heikel. Denn auch wenn neun Skifahrer am Christtag auf der Piste 134 den herunterdonnernden Schneemassen wie durch ein Wunder bis auf kleinere Blessuren weitestgehend unversehrt entkommen konnten: Ein Deutscher wurde teilverschüttet und liegt mit schwersten Verletzungen und womöglich bleibenden Schäden nach wie vor auf der Intensivstation der Klinik Innsbruck. Nicht zuletzt deshalb stellen sich Haftungs- und Schuldfragen.

Aus rechtlicher Sicht ist für Andreas Ermacora, Präsident des Österreichischen Alpenvereins (OeAV) und im Zivilberuf Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Alpin- und Sportrecht, klar: „Zur ureigensten Pflicht eines Pistenbetreibers gehört sicher der Schutz vor Lawinen.“

Ein lächelnder Mann mit Brille, Anzug und Krawatte vor einem weißen Hintergrund.

Laut Andreas Ermacora ist ein Strafverfahren möglich  

Mit dem Kauf einer Liftkarte schließt ein Skifahrer in erster Linie einen Beförderungsvertrag. Für den Seilbahnbetrieb ergibt sich dadurch als „Nebenpflicht“ auch die Sicherung der Pisten vor atypischen Gefahren.

Frage des Auslösers

Das kann etwa die Sicherung von Liftstützen sein. „Aber zu solchen atypischen Gefahren gehören natürlich auch Lawinen“, sagt Ermacora. Die Alpinpolizei müsse nun zunächst erheben, ob die Lawine durch Fremd- oder Selbstauslösung abgegangen ist. Ist Letzteres der Fall, stellt sich die Frage, ob der Betreiber des Skigebiets – oder auch die Lawinenkommission – die notwendige Sorgfalt bei der Beurteilung der Lage haben walten lassen.

War das nicht der Fall, „kann es durchaus zu einem Strafantrag kommen“, sagt der Jurist. In einem Prozess könnten Gefährdung der körperlichen Sicherheit und fahrlässige Körperverletzung zur Anklage kommen. Ein Verschulden wäre von der Staatsanwaltschaft zu beweisen.

Betroffene könnten aber – unabhängig von einem Strafprozess – auch ein Zivilrechtsverfahren zu etwaigen Haftungsansprüchen anstrengen. In so einem Fall müsste laut Ermacora aber „die Seilbahngesellschaft beweisen, dass sie alles richtig gemacht hat“.

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