Umweltschutz: Breite Front gegen neues UVP-Gesetz

Greenpeace-Aktivisten kletterten auf einen Baukran beim Parlament.
Umweltorganisationen steigen gegen Einschränkung von Bürgerrechten auf die Barrikaden – bzw. Kräne.

Zwölf Greenpeace-Aktivisten kletterten am Donnerstag gegen 4.30 Uhr Früh auf einen Baukran beim Parlament. In 50 Metern Höhe entrollten sie ein Transparent mit der Aufschrift „Hände weg von Umwelt- und Bürgerrechten“. Ein Großeinsatz der Polizei war die Folge.

„Wir wussten, dass es eine Spontankundgebung gibt. In so einem Zusammenhang unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit haben wir jedoch entscheiden, diese nicht aufzulösen“, sagt Polizeisprecher Patrick Maierhofer. Gegen 10 Uhr kletterten die Aktivisten – wie angekündigt – wieder herunter.

Mit der Aktion forderte Greenpeace ÖVP und FPÖ auf, den Abänderungsantrag zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G), der am Donnerstag im Nationalrat behandelt wurde, zurückzunehmen. Sei dieser doch ein „ein Frontalangriff auf den Umweltschutz“.

Reform noch leicht entschärft

Unter anderem sieht die UVP-Novelle vor, Umweltschutzorganisationen mit weniger als 100 Mitgliedern von Bewilligungsverfahren auszuschließen. Davon wären rund zwei Drittel der anerkannten NGOs Österreichs betroffen. Die Einschränkung zielt auf eine Verfahrensbeschleunigung ab.

Allerdings wurde die von Umweltorganisationen mit Verweis auf den Datenschutz heftig unter Beschuss genommene Reform am Donnerstag im Parlament doch noch leicht entschärft. So müssen die Nicht-Regierungsorganisationen die Namen ihrer Mitglieder der Behörde nun doch nicht nennen. Sie sind dieser bloß „glaubhaft zu machen“. Das heißt, es reicht eine eidesstattliche Erklärung durch einen Notar, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Rechtsanwalt. Ferner vorgenommen wird eine Klarstellung, wonach jedenfalls nur 100 Namen anzugeben sind.

Kritik auch von anderen Umweltorganisationen

Kritik am neuen  UVP-G kommt auch von WWF, Global 2000 und dem Umweltdachverband. „Auch mit dem geänderten Abänderungsantrag zur UVP-Novelle beharren die Regierungsparteien auf einer EU-rechtswidrigen Vorgehensweise, die Rechtsunsicherheit für den Umweltschutz und Schikanen für Umweltschutzorganisationen bringen wird“, kritisiert Global 2000-Geschäftsführerin Leonore Gewessler.

In einer Aussendung beklagt der WWF, dass "ausgerechnet die Umweltministerin" alles dafür tue, "damit kritische Großprojekte in Zukunft schlechter geprüft werden können als bisher“

Keine Zeit mehr

Eine „schikanöse Regelung“ ortet auch Wolfgang Rehm von der Umweltorganisation VIRUS (mehr als 100 Mitglieder).

Denn im UVP-Verfahren werde die Mitsprache von NGOs, Bürgerinitiativen, Nachbarn und Standortgemeinden quasi abgeschafft.

Bis dato war es so, dass ein Bauwerber ein Projekt einbrachte und die Behörde daraufhin Gutachter bestellte. Deren Expertisen mussten bis zur UVP-Verhandlung öffentlich aufgelegt werden. Lag ein Gutachten aber nicht rechtzeitig vor oder sah die Behörde noch Klärungsbedarf, blieb nach der Verhandlung noch Zeit. Verfahrensparteien hatten zumindest vier Wochen, um Gegengutachten vorzulegen, die die Behörde zu berücksichtigen hatte. Diese Frist soll nun fallen. „Mit der Verhandlung soll eine Entscheidung herbeigeführt werden. Für Gegengutachten bleibt keine Zeit mehr“, sagt Rehm.

Die Regelung stehe im Widerspruch zur EU-weit gültigen Aarhus-Richtlinie, die eine Beteiligung der Öffentlichkeit bei Bewilligungsverfahren regelt. Daher riskiere die „auf Zuruf der Wirtschaftskammer agierende“ Regierung ein Vertragsverletzungsverfahren oder eine Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH). „Die Leidtragenden wären dann die Projektwerber“, meint Rehm. Die Opposition könnte beim VfGH eine Gesetzesprüfung beantragen.

Lob kommt dagegen von der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung: „Mit dem für heute erwarteten Nationalratsbeschluss der UVP-Novelle wird ein wesentlicher Schritt zu effizienteren Genehmigungsverfahren gesetzt - freilich bei vollem Erhalt des Umweltschutzniveaus“, sagte Peter Koren, Vize-Generalsekretär der IV.

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