Umweltdachverband: "Unsere Nationalparks sind zu klein"
30 Jahre nach der Besetzung der Hainburger Au und 18 Jahre nach der Gründung des Nationalparks Donauauen sehen Umweltschützer immer noch großen Nachholbedarf bei Österreichs wichtigsten Naturschutzgebieten.
Im ersteren Fall einigten sich der Bund sowie die Länder Wien und NÖ 1996 in einem Staatsvertrag darauf, dass sich der Nationalpark Donauauen über 11.500 Hektar erstrecken soll.
In der Anfangsphase begnügte man sich allerdings mit 9320 Hektar (7065 Hektar in NÖ und 2255 Hektar in Wien) und sparte all jene Gründe im Besitz von Privatpersonen, Genossenschaften und Gemeinden aus.
18 Jahre später befindet man sich immer noch in der "Anfangsphase". 2180 Hektar fehlen nach wie vor auf das ursprünglich formulierte Ziel. "Außerdem sind derzeit nur 69 Prozent der Gesamtfläche Naturzone – was den IUCN-Kriterien (Naturschutzbehörde der UNO, Anm.) für einen Nationalpark widerspricht", kritisiert Heilingbrunner.
Nach seiner Ansicht müssten die Petroneller sowie die Fischamender Au bis spätestens 2020 in den Nationalpark involviert werden. "Es bedarf einer politischen Initiative", meint er – und fordert die Nationalpark-Verwaltung auf, "einen gangbaren Weg vorzuschlagen".
Österreichs Nationalparks
Frage des Geldes
Mit einer raschen Lösung ist aus heutiger Sicht allerdings nicht zu rechnen. Zwar strebt auch Nationalpark-Direktor Carl Manzano die Erweiterung an – "das wäre unser Ziel, unsere Hoffnung, unser Wunsch."
Doch damit es so weit kommt, müssten erst einmal die Grundbesitzer einer Abgeltung oder einem Grundstückstausch zustimmen. Und die öffentliche Hand müsste die Finanzierung übernehmen. "Da geht es um Millionenbeträge", sagt Manzano. Und zurzeit gebe es keine Signale, dass diese Mittel zur Verfügung gestellt würden.
Ein kategorisches Nein kommt zudem aus der Stadtgemeinde Fischamend. Bürgermeister Thomas Ram denkt nicht daran, den Gemeindeanteil der Fischamender Au in den Nationalpark einzubringen. "Wir befürchten, dass die Bevölkerung die Au dann nicht mehr so nützen kann wie bisher", erklärt der Stadtchef.
Heilingbrunner übt sich dennoch in Optimismus – und schlägt sogar eine zusätzliche Nationalpark-Option vor: "Zwecks Vernetzung" plädiert er dafür, die March-Auen bis zur Staatsgrenze gemeinsam mit den Donauauen unter Schutz zu stellen. Für Manzano wäre das eine "naturräumlich perfekte Ergänzung".
Landesgesetz
Handlungsbedarf ortet Heilingbrunner auch in Oberösterreich.
"Im Landesgesetz wurde bereits 1997 die Erweiterung des Nationalparks Kalkalpen (21.856 ha) um die Haller Mauern (5900 ha) und das Warscheneck (9800 ha) festgelegt. Bis heute fehlt aber die Umsetzung."
In weiterer Folge würde man seitens des Umweltdachverbandes die Erweiterung um das Tote Gebirge (32.200 ha) als sinnvoll erachten. "Dabei handelt es sich um eines der größten zusammenhängenden Karstgebirge Europas."
Zudem solle man von oö. Seite die Schutzgebiets- und länderübergreifende Zusammenarbeit mit dem steirischen Nationalpark Gesäuse forcieren (seitens des Landes Oberösterreich war bis Redaktionsschluss niemand für eine Stellungnahme zu erreichen, Anm.).
Auf dem Wunschzettel der Naturschützer steht darüber hinaus der Nationalpark Neusiedler See/Seewinkel im Burgenland. "Dort bedarf es ebenfalls endlich einer politischen Initiative, um die Fläche um weitere 2000 Hektar Schilfgürtel erweitern zu können", meint Heilingbrunner.
Die Grünen finden es "bedenklich, wie in Österreich mit Natura-2000-Gebieten umgegangen wird". Zum einen, weil die EU-Kommission enormen Nachholbedarf sieht und 220 zusätzliche Schutzgebiete (also eine Verdoppelung) einfordert, damit es nicht zu einer EuGH-Klage kommt – der KURIER berichtete. Zum anderen, weil derzeit auch in bestehende Natura-2000-Areale eingegriffen werde. "Das ist für ein erklärtes Umweltmusterland peinlich", findet Nationalrätin Christiane Brunner.
Konkret sind der grünen Umweltsprecherin zwei Projekte ein Dorn im Auge: Zum einen wird im burgenländischen Forchtenstein ein Natura-2000-Gebiet, das dem Schutz der Zwergohreule dient, in Bauland umgewidmet. Dies sei notwendig, "um Jungfamilien leistbare Bauplätze zur Verfügung stellen zu können", betont Bürgermeisterin Friederike Reismüller (SP). Zum anderen soll mit Genehmigung des Landes NÖ in Ferschnitz an der Ybbs ein Wasserkraftwerk gebaut werden – ebenfalls mitten im Natura-2000-Gebiet.
Widerstand
Gegen die Forchtensteiner Umwidmung brachte Brunner eine EU-Beschwerde ein, zurzeit wartet sie auf eine Stellungnahme.
Aufgrund des nö. Bauvorhabens hat die EU-Kommission bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik eingeleitet. Brüssel sei der Meinung, dass die Genehmigung des Kraftwerks gegen Natura-2000-Verpflichtungen verstoße, heißt es bei den Grünen. Es gehe bloß um "angebliche Fehler im Verfahren", meint man dagegen bei der NÖ-Landesregierung.
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