True Crime hautnah: Der Fall Jens Söring – Doppelmörder oder Justizopfer?

True Crime hautnah: Der Fall Jens Söring – Doppelmörder oder Justizopfer?
33 Jahre saß Jens Söring in den USA wegen Mordes im Gefängnis. Bei seinem ersten Auftritt in Österreich erzählt der Deutsche über sein Leben, beteuert seine Unschuld und lädt zur Diskussion.

„Ich bin 1985 durch Wien gekommen, damals war ich in der Oper und habe den Rosenkavalier gesehen“, erzählt Jens Söring ganz beiläufig. Klingt nach der Erinnerung an eine nette Städtereise, doch der damals 19-Jährige war kein normaler Tourist, sondern auf der Flucht.

Am 30. März 1985 waren die Eltern seiner Freundin in ihrem Haus in Virginia mit zahlreichen Messerstichen ermordet worden. Als der Student und die 21-Jährige unter Verdacht geraten, fliehen sie. Wenige Monate später werden die beiden in London festgenommen. 1990 wird der Sohn eines deutschen Diplomaten wegen Doppelmordes in den USA ins Gefängnis geschickt, wo er mehr als 33 Jahre bleibt.

Kommende Woche ist Jens Söring nach 40 Jahren wieder in Österreich. Im Casino Baden schildert der 2019 auf Bewährung entlassene seine Version der unglaublichen Kriminalgeschichte.

Noch im Gefängnis beginnt Söring, Bücher zu schreiben. „Nicht schuldig! Wie ich zum Opfer der US-Justiz wurde“ erscheint etwa 2012. 2016 versucht der Dokumentarfilm „Das Versprechen“ den Fall zu rekonstruieren. Seit Söring 2019 frei kam und nach Deutschland abgeschoben wurde, ist er auch immer wieder in Medien präsent. 2021 erscheint sein Buch „Rückkehr ins Leben – Mein erstes Jahr in Freiheit nach 33 Jahren Haft“ und 2023 auch eine Netflix-Serie.

„In der Serie werden bestimmte Dinge meiner Ansicht nach vollkommen falsch dargestellt“, sagt Söring zum KURIER. Viele Menschen hätte dadurch jedoch von seinem Fall erfahren.

True Crime hautnah: Der Fall Jens Söring – Doppelmörder oder Justizopfer?

Ankunft von Söring im Dezember 2019 am Flughafen Frankfurt

„Ich bin unschuldig“

Seit 2022 hält Söring auch Lesungen und Vorträge. Dort, in Büchern und Medien beteuert er: „Ich verbrachte 12.262 Tage im Gefängnis für ein Verbrechen, das ich nicht begangen habe.“ Söring wurde nur auf Bewährung entlassen, eine offizielle Unschuldserklärung hat er nicht erhalten. „Das habe ich aber verdient“, betont er. Damit würde ein Justizirrtum nicht nur anerkannt werden, er hätte auch Anrecht auf 1,4 Millionen Dollar Haftentschädigung, meint er.

Der spektakuläre Fall ist nach wie vor rätselhaft – und polarisiert. „Warum sollte ich das alles machen, wenn ich schuldig wäre? Dann wäre ich doch still“, sagt Söring. „Ich laufe nicht weg.“

Besucher erwartet am 6. März im Casino Baden (ccb.at) ein Bühnengespräch mit dem vermeintlichen Doppelmörder. „Alle Fragen sind erlaubt, denn ich habe nichts zu verbergen“, sagt Söring. „Seit Jahren spreche ich offen über meine Sicht der Dinge, da in diesem Fall so viele Aspekte ungeklärt blieben, die unweigerlich Fragen aufwerfen.“

Mitorganisatorin Gabriele Hasmann ist es ein Anliegen, keine Position zu beziehen. „Niemand von uns war vor Ort und kann zu hundert Prozent sagen, was wirklich geschehen ist.“ Man könne sich selbst ein Bild davon machen, was passiert sein könnte, und „einem mutmaßlichen Verbrecher Fragen stellen, was es so noch nie gegeben hat“, sagt die Autorin. „Der Abend wird schaurig, spannend und spektakulär, mit Einblicken in ein furchtbares Verbrechen, einen umstrittenen Prozess und den jahrzehntelangen Kampf um Gerechtigkeit und Freiheit.“

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