Traumatisierte Kinder in der Ukraine: Therapieplätze fehlen

Traumatisierte Kinder in der Ukraine: Therapieplätze fehlen
In der Ukraine gibt es nicht genug Psychotherapeuten. Die österreichische Caritas will nun Fachwissen an die Schulen bringen.

Die Geschichten, die man aus dem ukrainischen Irpin hört, sind kaum in Worte zu fassen – so wie diese: Eine Gruppe von rund 30 Kindern im Alter von sieben bis 13 Jahren sei von russischen Soldaten vergewaltigt worden und hätte dann mitansehen müssen, wie die eigenen Eltern umgebracht wurden. Zwei Kinder hätten daraufhin Suizid begangen.

Die ukrainische Caritas wurde von den lokalen Behörden um Hilfe für diese Kinder gebeten. Sie musste ablehnen, weil sie keine Erfahrung mit derart „irrsinnigen Traumata“ hätten, sagt Alexander Bodmann, Geschäftsführer der Wiener Caritas, im KURIER-Gespräch. „Der Kollege, der mir das vor Ort erzählt hat, hatte Tränen in den Augen“. Die Kinder wurden daraufhin in ganz Europa auf Pflegeeltern aufgeteilt.

Die Caritas will nun die therapeutischen Möglichkeiten in der Ukraine ausbauen. Neben Geld braucht man dafür vor allem eines: Fachwissen. Um den Mangel an Psychotherapeuten auszugleichen, will man zuallererst Weiterbildungen für Lehrer anbieten.

Dabei greift man auf Erfahrungen aus der Ostukraine zurück, wo schon 2014 gekämpft wurde. In 17 Schulen werden rund 2.500 Schüler von Sozialpädagogen und Psychologen betreut. Die Kinder sollen dort auf spielerische Weise lernen, mit den Auswirkungen des Konflikts besser umgehen zu können. Stress, Ängste, Albträume oder soziale Konflikte sollen so besser bewältigbar werden.

Arbeit mit Eltern

Mit den Eltern wird zusätzlich in Selbsthilfegruppen gearbeitet. „Wir leben inmitten eines stetig andauernden und sich zuspitzendes Konfliktes“, sagt Veronica, Mutter von zwei Kindern, die betreut werden. „Meine Kinder haben aber trotzdem die Hoffnung wiedergefunden und sehen eine Zukunft in dieser Gemeinde.“

Das gemeinsame Arbeiten in der Schule könne „den Boden vorbereiten, dass die Kinder stabilisiert werden können“, sagt Ulrike Willinger, Leiterin der Arbeitsgruppe für klinische und kognitive Neuropsychologie an der MedUni Wien. Das sei allerdings kein Ersatz für eine Psychotherapie.

Tröstlich sei, dass laut Studien nur rund die Hälfte der Menschen nach traumatischen Ereignissen eine Belastungsstörung ausbilde, so Willinger. Bei Kindern seien die Ergebnisse noch besser, wenn zumindest ein Elternteil oder eine Bezugsperson emotionalen Halt biete.

Das bietet auch ein bisschen Hoffnung für einige der Kinder aus Irpin: Manche der Eltern haben überlebt, ihre Kinder werden nun zu ihnen zurückgebracht.

Spendenmöglichkeit: https://wirhelfen.shop/ukraine-bastelpaket/

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