"An Absurdität nicht zu überbieten": Österreichs Tourismus ringt um Personal

Wie sich der über weite Strecken verregnete Juli auf Österreichs Tourismus ausgewirkt hat, ist noch nicht klar. Die offiziellen Nächtigungsstatistiken stehen noch aus. Die Vorsaison lief aber – trotz ebenfalls nassem und kaltem Mai – gut. So gab es etwa in Tirol bei Nächtigungen wie Ankünften ein Plus im Vergleich zur Rekordsaison 2024.
Kleine Delle im Juli
Alois Rainer, Branchensprecher des Tiroler Tourismus und der österreichischen Gastronomie, rechnet damit, „dass der Juli eine kleine Delle hat. Mit dem Wetterumschwung gibt es jetzt aber eine bessere Dynamik“, sagt er zur Buchungslage.
Der Blick des Wirts aus dem Zillertal geht aber bereits Richtung Winter. Und dabei treibt ihn ein Problem um, das ein Dauerbrenner ist: Der Mangel an Arbeitskräften. Rainer wünscht sich, „einen Freibrief für Mitarbeiter aus dem Ausland“, wie er bei einem Hintergrundgespräch mit Tirols Wirtschaftskammerpräsidentin Barbara Thaler meinte.
- 3.000 Mitarbeiter mehr
Um den Personalmangel im Tourismus zu mildern, wird die Bundesregierung das Kontingent für Saisonarbeitskräfte aus Nicht-EU-Ländern per 1.1.2026 von 5.000 auf 8.000 Kräfte erhöhen. Von den 3.000 zusätzlichen sind 2.500 für Personen aus dem Westbalkan reserviert.
- Lage in Tirol:
Für Tirol ergibt das 850 potenzielle zusätzliche Mitarbeiter. Im Dezember 2024 blieben 2.930 Stellen unbesetzt.
Die Realität sieht freilich anders aus. Jedes Jahr muss der Tourismus aufs Neue mit der Bundesregierung – in welcher Farbkonstellation auch immer – über Kontingente für Saisonniers aus Drittstaaten feilschen.
Thaler streicht zwar positiv hervor, dass nun sowohl das allgemeine Kontingent erhöht wird und es zudem erstmals zusätzlich eine genehmigte Zahl an Kräften aus dem Westbalkan gibt. Das ergibt eine Summe von 850 potenziellen zusätzlichen Mitarbeitern alleine für Tirol.
„Wir würden aber eigentlich mehr brauchen“, sagt Thaler und macht das an einer Zahl fest: „Im Dezember gab es in Tirol 2.930 offene Stellen im Tourismus.“ Also mitten in der Hochsaison. „Wir freuen uns über die Erhöhung, das deckt aber bei Weitem nicht den Bedarf ab“, so Thaler. Für Rainer ist klar: „Wir haben zu wenig Menschen bei uns im Land, die diesen Job machen wollen. Ich fordere deshalb eine komplette Öffnung für Arbeitskräfte aus dem Westbalkan.“
Dass man jedes Jahr wieder über Kontingente verhandeln muss, ist für den Branchensprecher „an Absurdität nicht zu überbieten.“ Dass Erhöhungen immer erst mit 1. Jänner – also zu einem Zeitpunkt, wo die Wintersaison längst läuft – schlagend werden, fällt ebenfalls in diese Kategorie. „Das ist eines unserer Hauptprobleme“, so Rainer in Hinblick auf das Anwerben von Mitarbeitern. Deswegen müsste zumindest der Stichtag für das Anlaufen von neuen Kontingenten auf den 1. November oder Dezember fallen, fordert er.
Dass es Österreich an allen Ecken und Enden – trotz Wirtschaftskrise – an Arbeitskräften fehlt, ist kein Geheimnis. Warum die Hürden für das Anheuern von Mitarbeitern aus dem Ausland trotzdem immer noch so hoch sind, liegt laut Thaler an „der unberechtigten Angst, dass ausländische Arbeitskräfte uns Arbeitsplätze wegnehmen.“ Dafür gebe es eben die sogenannten Ersatzkräfteverfahren, bei denen AMS-Regionalbeiräte prüfen, ob es nicht Arbeitnehmer aus dem Inland für freie Stellen gibt. Erst wenn nicht, werden Saisonniers genehmigt. In Deutschland sei das Prozedere weitaus einfacher, so Rainer: „Bei uns ist die Bürokratie ein Riesenhemmschuh.“
Auf Schellhorns Zettel
Angesichts der komplizierten Wege in Österreich, um an ausreichend Mitarbeiter zu kommen, warnt der Tourismussprecher: „Wir bremsen uns selber aus.“ Der für weniger Zettelwirtschaft angetretene Neos-Staatssekretär Sepp Schellhorn will das Prozedere zur Genehmigung von Saisonkräften vereinfachen, versichert er auf Anfrage: „Das ist in meinem Paket zum Bürokratieabbau enthalten.“ Der Ex-Wirt verspricht zudem, wenn auch nicht für Tourismus zuständig: „Ich werde mich um einen früheren Stichtag bemühen.“
Für Rainer geht es in der Frage auch um die Erfüllung eines Qualitätsversprechens, das nur mit genügend Personal erfüllt werden kann: „Es kann ja nicht sein, dass man auf den Berg geht und dort irgendwann nichts mehr zum Essen kriegt. Aber genau das blüht uns.“
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