Tirol: Millionencoup der Gelegenheitsdiebe

Die Räuber und ihre Komplizen waren vor der Tat unbescholten
Bis zu 4,5 Jahr Haft für Quintett, das bei Geldtransporterfirma 3 Millionen Euro erbeutete.

Gelegenheit macht Diebe. Selten zuvor traf dieser Stehsatz so zu, wie auf jene fünf Männer, die am Freitag auf der Anklagebank des Innsbrucker Landesgerichts saßen. Die Einheimischen im Alter zwischen 21 und 40 Jahren sind für das Verbrechen mit der höchsten, jemals in Tirol erzielten Beute, in Höhe von drei Millionen Euro verantwortlich. Und wirkten dennoch keinesfalls wie hart gesottene Kriminelle.
„Es ist uns finanziell nicht gut gegangen, wir haben nicht gut verdient und die Chefitäten waren auch nicht die besten“, erklärte Philipp H., warum er sich gemeinsam mit seinem Arbeitskollegen Manfred P. entschlossen hatte, seinen Arbeitgeber zu berauben – eine Innsbrucker Geldtransporterfirma.

Die beiden Männer fingierten zunächst im Februar 2014 einen Überfall auf einen von Philipp H. gefahrenen Geldtransporter. Manfred P. (40) ließ sich von einem gemeinsamen Freund an einen vereinbarten Treffpunkt bringen. Dort stieg er in den Transporter um, leerte während der Fahrt den Safe und konnte mit 295.000 Euro Beute entkommen. Philipp H. verletzte sich selbst und gab an, von einer vermeintlichen Zivilstreife auf einen Parkplatz gelotst und dort von Unbekannten überfallen worden zu sein.

Er fasste am Freitag mit 4,5 Jahre Haft die höchste Strafe der Angeklagten aus. Dem 27-Jährigen wurde auch noch Betrug vorgeworfen. Er spielte nach dem fingierten Überfall das traumatisierte Opfer und kassierte Schmerzengeld. Manfred P. wurde zu vier Jahren Haft, sein „Chauffeur“ zu drei Jahren Haft verurteilt.

Großer Fischzug

Nach ihrem ersten Coup kam dem Trio „beim Fischen in Italien“ die Idee zu einem wirklich großen Fischzug. Kurz vor Weihnachten 2014 brachen Manfred P. und Philipp H. in die Firmenzentrale der Geldtransporterfirma ein. Sie hatten einen Schlüssel für das Tor und die Codes für die Safes und somit leichtes Spiel. Die Videoüberwachung zeigte vermeintliche Profis, die maskiert mit einem Auto in die Lieferschleuse fuhren und sofort die Kameras ausschalteten. Der Komplize aus dem ersten Raub stand mit einem weiteren Freund Schmiere.

Doch die vermeintlichen Profis schwitzten in Wahrheit immer wieder Blut und Wasser. Etwa nachdem die Polizei vor einigen Monaten die im Wald entsorgte Täterkleidung fand. „Nach dem TV-Bericht habe ich zu meinem Sohn gesagt, ich habe einen Blödsinn gemacht“, erzählte Manfred P., der seinen 21-jährigen Sohn bat, 600.000 Euro hinter einer Wand zu verstecken. Der Maurer kam letztlich, wie auch jener Komplize, der nur beim Einbruch beteiligt war, mit einer bedingten Strafe davon. Gänzlich geklärt ist der Fall auch nach dem Prozess nicht. Während die geständigen und bisher unbescholtenen Täter bei ihrem Einbruch nur 2,2 Millionen Euro erbeutet haben wollen, sollen es laut der ausgeraubten Firma 2,7 Millionen Euro gewesen sein. Sichergestellt wurden lediglich 1,9 Millionen Euro.christian willim

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