Tierärzte fordern klare Richtlinien für Qualzucht-Verbot

Missbildungen beim Mops sind absichtlich herbeigeführt.
Weil Schönheitswahn dazu führt, dass bei Tieren Missbildungen gezüchtet werden, fordern Tierschützer strengeres Gesetz.

"Tiere verstümmeln und leiden lassen, damit sie einem Modetrend entsprechen, ist unerträglich, sagt Manfred Hochleithner von der Tierärztekammer. Gemeinsam mit Tierschutzorganisationen, wie den "Vier Pfoten" oder "pro-tier" und der Wiener Tierschutz-Ombudsstelle versucht er eine Gesetzesänderung herbeizuführen und fordert ein Zuchtverbot für alle Tiere, die Qualzucht-Merkmale aufweisen. Gemeint sind damit Mops, plüschtierhaft anmutender Pekinese sowie Perser-, Exotic-Shorthair- oder Britische Kurzhaar-Katzen. Bei diesen Rassen werden gezielt Missbildungen gezüchtet, damit sie den optischen Ansprüchen ihrer Besitzer entsprechen. Tierleid, wie starke körperliche Einschränkungen oder sogar ausgeprägte Schmerzen werden dafür von den Züchtern in Kauf genommen.

Hochleithner führt als Beispiel Hunde an, die so gezüchtet werden, dass die Augen noch vor der Nasenspitze liegen. "Eine normale Atmung ist diesen Tieren nicht mehr möglich. Sobald sie sich anstrengen oder aufregen, leiden sie unter Atemnot, Erstickungsangst oder sie erleiden einen Kollaps." Gerade bei Sommertemperaturen wie momentan komme es aufgrund der viel zu engen Nasenöffnungen und überlangen Gaumensegeln zur massiven Beeinträchtigung der Atmung.

"Pervertierte Hunde- und Katzenhaltung"

Zwar helfe man als Veterinär, um im Einzelfall dem Tier Leid zu ersparen, doch seien die Tierärzte "nicht der Reparaturtrupp für eine pervertierte Hunde- und Katzenhaltung". Zumal die Operationen auch keine leichten Eingriffe seien. "Das sind verstümmelnde OPs - wir entfernen chirurgisch Teile der Nase und des Gaumens". Für die Tierhalter bedeute dies zusätzliche Investitionen, die oft weit über den Anschaffungskosten lägen. Insbesondere bei teuren Rassenhunden.

Wobei Rassen eigentlich vom Menschen gemacht seien, wie Brigid Weinzinger von pro-tier betont. Die Schönheitsvorstellungen und Zuchtziele hätten sich in den vergangenen 50 Jahren zum Nachteil der Tiere verändert. "Das sind schon lange keine natürlichen Körperformen mehr, sondern reine Schönheitsideale von Rasseverbänden - wenn zum Beispiel Schäferhunde kaum mehr laufen können, weil der Rücken so steil abfällt, oder dem Kavalier-King-Charles-Spaniel für sein Gehirn kein Platz mehr im Schädel bleibt, weil der Mensch das Aussehen so niedlich findet."

Martina Pluda von den "Vier Pfoten" führt weiters aus, dass die Qualzucht nicht auf Hunde und Katzen beschränkt bleibt. Auch Nutztiere, wie Milchkühe, Mastrinder, Lege und Masthühner,  würden auf Höchstleistungen gezüchtet. Puten würden etwa auf eine übergroße Brustmuskulatur und hohes Gewicht gezüchtet - was dazu führt, dass sie kaum mehr stehen können. Und selbst bei Fischen und Vögeln führe der Schönheitswahn des Menschen zu unnatürlichen Körperformen, wie etwa zu Federn, die die Bewegung einschränken oder extrem dünne Flossen, die zu Verletzungs- und Infektionsrisiko führen.

"Ministerium hätte akuten Handlungsbedarf"

Von der türkis-blauen Bundesregierung fühlen sich die Tierschützer allerdings im Stich gelassen. "Es fehlen verbindliche Richtlinien und Kriterien, die den Vollzug ermöglichen, das im Gesetz im Prinzip vorgesehene Qualzuchtverbot umzusetzen", betont Wiens Tierschutz-Ombudsfrau Eva Persy. "Das ist so, als würde man per Gesetz zwar das Rasen verbieten, aber nicht festlegen, wie schnell im Ortsgebiet oder auf der Autobahn gefahren werden darf."

Denkbar wäre für die Tierschützer auch, dass Züchter für etwaige Folgekosten nach der Anschaffung eines Zuchttiers - etwa durch operative Eingriffe und medizinische Behandlungen - haftbar gemacht werden.

Seitens des FPÖ-geführten Gesundheitsministeriums sehen die Tierschützer deshalb akuten Handlungsbedarf. Derartige Signale habe man von Ministerium bis dato aber nicht erhalten.

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