Prozess um Testamentsfälschung muss von vorne beginnen

Prozess um Testamentsfälschung muss von vorne beginnen
Der Hauptangeklagte akzeptierte sieben Jahre Haft als gerecht, aber die Urteile sind mangelhaft.

Der Hauptangeklagte in der Vorarlberger Testamentsfälscher-Affäre war zugleich Kronzeuge der Anklage: Jürgen Hämmerle, suspendierter Geschäftsstellenleiter des Bezirksgerichts Dornbirn, gestand umfassend. Der 49-Jährige bezichtigte Kollegen der Mittäterschaft, darunter die suspendierte Vizepräsidentin des Landesgerichts Feldkirch, Kornelia Ratz, und ermöglichte dadurch erst den 21-tägigen Prozess. Und er akzeptierte sieben Jahre Haft als „gerecht“.

Zur „Belohnung“ beantragte die Anklagebehörde beim Obersten Gerichtshof (OGH) eine Anhebung der Strafe und verlangte eine verbindliche Klausel im Urteil, dass Hämmerle keinen einzigen Tag des Freiheitsentzuges mit der Fußfessel im Hausarrest verbüßen dürfe.

Der OGH tat am Montag nichts dergleichen. Er ordnete wegen mangelhafter Urteilsbegründung eine Wiederholung des Prozesses an, auch für Hämmerle, der auf ein persönliches Erscheinen im Justizpalast keinen Wert gelegt hatte. Auch die von ihm angeschwärzte Kornelia Ratz bekommt damit eine neue Chance. Ihre Verurteilung zu zweieinhalb Jahren teilbedingt (davon zehn Monate unbedingt) beruhe auf Spekulationen. Solche hätten in der Justiz keinen Platz, erklärte die Richterin, die laut nun aufgehobenem Urteil zugunsten ihrer Mutter und Tante ein gefälschtes Testament bestellt haben soll.

Scheinerben

Die kriminellen Pläne sollen zwischen 2001 und 2008 unter Hämmerle, einem inzwischen verstorbenen Anwalt, Rechtspflegern und einem Kanzleileiter in der Gerichtskantine ausgeheckt worden sein: Man suchte sich Todesfälle ohne nähere Verwandte, setzte Scheinerben – in der Regel besachwalterte Personen wie einen entfernten Onkel – ein, wartete auf notarielle Abwicklung und leitete das Geld von den ahnungslosen Strohmännern auf die eigenen Konten um, insgesamt zehn Millionen Euro, um die 80 Erben geprellt wurden.

Die Fälscher spielten auch Samariter. Nach dem Tod eines kauzigen Postbus-Chauffeurs, wegen dessen rasanten Fahrstils sich in Vorarlberg alle fürchteten, sollte die getrennt lebende Ehefrau alles erben. Damit seine Lebensgefährtin nicht leer ausging, fälschten die beschuldigten Gerichtsbediensteten auch dieses Testament.

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