„Zulässig? Nein!“
„Wenn Sie mich fragen, ob das zulässig ist, habe ich eine klare Antwort: Nein“, sagt der auf Datenschutz spezialisierte Wiener Rechtsanwalt Markus Dörfler. Doch die heimische Justiz hat sich – anders als in Deutschland – mit diesem Thema noch nicht beschäftigt.
Die Debatte kann Paul Nowak nicht ganz nachvollziehen. Der Wiener fährt Tesla, ist Mitglied des Tesla-Clubs und hat sich das Auto unter anderem deshalb angeschafft, weil die technischen Spielereien einzigartig sind.
Sechs Kameras hat der Tesla verbaut – sowohl nach allen Seiten außen als auch innen. „Die Videolänge kann bis zu zehn Minuten dauern“, sagt Nowak. Gefilmt wird während der Fahrt automatisch. „Wenn ich zum Beispiel hupe, werden die Aufnahmen der Minute davor automatisch gespeichert“, schildert Nowak. Praktisch im Falle eines Unfalles, um den Verursacher ausforschen zu können.
Doch auch im geparkten Zustand schläft der Tesla nicht. Wird der Modus nicht händisch deaktiviert, ist der Tesla rund um die Uhr im Alarm-Modus. Und der kommt immer dann zum Tragen, wenn jemand oder etwas zu nahe kommt.
Das Resultat einer Nacht, mit dem abgestellten Fahrzeug auf einem Parkplatz im Freien, ist beachtlich: „Wenn ich in der Früh zu meinem Auto komme, bekomme ich angezeigt, wie viele Aufnahmen gemacht worden sind. Im Normalfall sind es bis zu 25“, erklärt Nowak. Die kann er sich dann auch anschauen. Und im Bedarfsfall speichern. Ein Test zeigt: Die Aufnahmen sind gut, Gesichter können ohne Probleme erkannt werden. Genauso wie Kennzeichen.
Für Passanten gibt es zwei Kennzeichen, dass der Wächtermodus des Fahrzeugs aktiv ist: Die vorderen Scheinwerfer blitzen kurz auf. Und: Im Inneren des Autos wird der Bildschirm aktiviert.
Doch der Tesla kann noch mehr: So kann sich Nowak von der Couch aus via Handy auf alle Kameras des Autos zugreifen. „Manchmal schaue ich aus Lust auf die App, um zu sehen, was rund ums Auto passiert“, schildert der Wiener. Es geht aber noch mehr: „Ich kann auch etwas ins Handy reinsagen. Der Tesla wiederholt das in vertiefter Stimme.“
"Big Brother ist watching you"
Nowak führt es vor: „Gehen Sie weg von meinem Auto“, spricht er ins Handy. Sekunden später wiederholt der Wagen seine Worte. „Die Leute sind dann irritiert. Sie wissen normalerweise nicht, dass das von meinem Auto kommt.“
„Wenn der Tesla während der Fahrt aufnimmt, ist das unter gewissen Umständen zulässig“, meint Anwalt Dörfler. „Aber der Wächtermodus ist wie eine Vorratsdatenspeicherung. Big Brother is watching you“, meldet er seine Bedenken an. Schon die Speicherung ohne Rechtfertigung sei problematisch.
Eine wesentliche Frage sei auch, ob Tesla selbst Zugriff auf diese Videos hat. „Dann spielt’s Granada“, sagt der Anwalt.
Tatsächlich gab es in der Vergangenheit entsprechende Medienberichte. So sollen Mitarbeiter Aufnahmen mit teils pikanten Inhalten hin- und hergeschickt haben. Tesla selbst betonte, dass derartige Aufnahmen an den Konzern gar nicht übermittelt werden würden.
Eine einzige Beschwerde
Bei der heimischen Datenschutzbehörde tauchte die Thematik nur sehr vereinzelt auf. „Bisher hatten wir ein Verfahren zu angeblichen Aufnahmen durch den Wächtermodus – das richtete sich allerdings gegen den Fahrer, nicht gegen Tesla“, sagt Matthias Schmidl, Leiter der Datenschutzbehörde. Eine Person hatte sich beschwert, beim Vorbeigehen aufgenommen worden zu sein. Allerdings, so stellte sich wenig später heraus, hatte es keine Videoaufzeichnung gegeben. Die Beschwerde wurde somit zurückgewiesen.
Tesla selbst ließ eine Anfrage des KURIER unbeantwortet. Auf der Homepage findet sich allerdings ein Hinweis: „Allein Sie sind dafür verantwortlich, alle vor Ort geltenden Vorschriften und Eigentumsvorbehalte im Hinblick auf die Verwenden von Kameras zu prüfen und einzuhalten.“
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