Teezeremonienmeister: Wo Simmering japanisch anmutet

Ein Mann im Kimono hält eine Schale bei einer traditionellen japanischen Teezeremonie.
Norbert Breitenauer, Schulrat im Ruhestand, pflegt ein 400 Jahre altes Ritual. Dafür wurde er am Freitag vom Botschafter Japans geehrt. Den KURIER lud er zu sich zum Tee ein.

Er empfängt Gäste in seinem Haus nahe der Ostbahn im feinen seidenen Kimono. Er ist als Teezeremonienmeister darauf bedacht, zwischen der alten japanischen Tradition und den Erwartungen von Leuten, die hier mitten in Europa sozialisiert wurden, bestmöglich zu vermitteln.

Dafür wurde nun Norbert Breitenauer vom japanischen Botschafter Ryuta Mizuuchi mit einer Ehrung bedacht.

Zwei Männer posieren mit einer Urkunde vor japanischen und österreichischen Flaggen.

Vor dieser Ehrung zeigte der sympathische Schulrat im Ruhestand bei sich zu Hause, wie eine Teezeremonie in der 400 Jahre alten Urasenke-Tradition Schritt für Schritt verläuft.

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Bedächtig, langsam

Für Menschen, die von Berufs wegen neugierig sind und hierorts gerne den Tratsch am Kaffee- oder Wirtshaustisch pflegen, keine ganz leichte Übung. Zwar ist der Gast auch in dieser Kultur eine Art König, jedoch haben seine Sprechwerkzeuge während der gesamten Zeremonie Pause. Was im Übrigen nicht nur die Stimmbänder entspannt.

Das stille Beobachten hat auch seinen Reiz. So sieht der auf seinen Knien ruhende Gast, wie Norbert Breitenauer zunächst Teedose, Teelöffel und Teeschale eher symbolisch als praktisch reinigt. Wie er mit einem Holzlöffel grünen Matchatee in eine Tasse mit blumigem Motiv tut. Wie er dann – bedächtig, langsam – mit dem Schöpfer heißes Wasser über den Tee gießt. Wie er ferner einlädt, ein Stück Süßigkeit oder ein Keks vom Japanmarkt am Naschmarkt zu sich zu nehmen. Und wie er dem ersten Gast eine Tasse Tee anbietet.

Eine Person löffelt Matcha-Pulver in eine Schale.

Eine Person schöpft mit einem Holzlöffel Wasser in eine Schale für eine Teezeremonie.

Eine Person bereitet Matcha-Tee mit einem Bambusbesen in einer Schale zu.

Ein japanisches Teezimmer mit Tatamimatten und traditionellem Teeservice.

Ein Mann im Kimono hält eine schwarze Teeschale in seinen Händen.

Japanische Süßigkeiten und verpackte Bonbons auf einem verzierten Holztablett.

Eine Person poliert eine schwarze Lackdose mit einem violetten Tuch.

In Wirklichkeit ist ja das Tee-Skript der alten Japaner noch um eine ganze Weile komplizierter, aber lassen wir das mal hier so stehen, denn es muss ja auch noch etwas über einen nach dem Krieg in Schärding in Oberösterreich geborenen Wahl-Simmeringer erzählt werden. Und das ist auch leicht möglich.

Denn so wie die Christen nach einer Heiligen Messe beim Kirchenwirt wieder Weltliches besprechen, dürfen auch im elften Bezirk nach dem grünen Tee bei einem Gläschen vom Grünen Veltliner alle erdenklichen Fragen gestellt werden.

Über den Sport fand er den Weg zum Tee, erklärt Norbert Breitenauer, der im Jahr 1966 bei den Wiener Schwachstromwerken eine Lehre als Elektromechaniker begann: „In der Berufsschule wurde auch ein Judokurs angeboten. Und weil ich ein neugieriger Mensch bin, habe ich daran teilgenommen.“

Ein älterer Mann in traditioneller Kleidung hält eine Teeschale in einem japanischen Teehaus.

Judotrainer, die in oder aus Japan waren, sowie auch Bücher über das Leben in einem damals unerreichbar fernen Land haben ihn weiter inspiriert. Gleichzeitig hat er im Abend-TGM die Matura nachgeholt und wenig später eine Ausbildung zum Berufsschullehrer absolviert.

Die in Japan gepflogene Teezeremonie hat Breitenauer ebenso fasziniert wie der Judosport. Das für ihn Besondere: „Klassisch betrachtet ist sie eine Zusammenkunft, bei der die Teilnehmenden in entspannter und meditativer Atmosphäre eine gewisse Zeit miteinander verbringen und dabei ihre Probleme zur Seite schieben können.“ Seine privat angeeignete Urasenke-Tee-Expertise gibt der Ingenieur und diplomierte Pädagoge nicht nur bei sich zu Hause, sondern öfters auch bei Veranstaltungen weiter, etwa im Japanischen Kulturinstitut, beim Kirschenhainfest in Floridsdorf oder beim Japanischen Sommerfest in der Donaustadt.

Und auch wenn sich Unbedarfte mit dem Regelwerk für Gäste (zum Beispiel die Schale um 180 Grad drehen, dann erst trinken; und wer nur einen Schluck trinkt, wird als geizig wahrgenommen), schwertun. Die Ruhe, die in ihrem Gastgeber wohnt, die ist ansteckend.

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