Tag der Leutnante: „Sicherheit steht am Scheideweg“
Es war in der Geschichte nicht der erste „Tag der Leutnante“, an dem die jungen Offiziere im Regen stehend auf die feierliche Übernahme in das Bundesheer warten mussten. Aber es war jener Tag, an dem der Regen so richtig zur aktuellen Situation der Armee passte. Keiner der Redner – vom Generalstabschef bis zum Bundespräsidenten – vergaß am Samstag in der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt, auf die dramatische Budgetsituation zu verweisen. Verbunden mit Aufrufen und Appellen an die künftige Bundesregierung.
Die deutlichsten Worte kamen von Verteidigungsminister Thomas Starlinger, der die Steigerung des Budgets in den kommenden Jahren auf ein Prozent des BIP als „moderat“ bezeichnete (siehe Bericht unten). „Ich bin optimistisch, dass dieser Mini-Anteil an der Wirtschaftsleistung eines der reichsten Staaten in der Europäischen Union es den künftigen Entscheidungsträgern wert ist, in die Sicherheit Österreichs zu investierten“, unterstrich er in seiner Rede. Er habe mit dem Bericht „Unser Heer 2030“ für die kommende Regierung die Fakten zum Heer klar auf den Tisch gelegt.
Appell des Präsidenten
Für Generalstabschef Robert Brieger steht „Österreichs Sicherheit jetzt auf dem Scheideweg“. Ohne dringend notwendige Investitionen könne das Heer die Bevölkerung nicht mehr gegenüber den zu erwartenden Bedrohungen schützen. Brieger in Richtung der neuen Leutnante: „Das kann nicht jenes Österreich sein, auf welches Sie – liebe Leutnante – Ihr Gelöbnis ablegen werden.“
Bundespräsident Alexander Van der Bellen stand als Oberbefehlshaber des Bundesheeres seinen Vorrednern um nichts nach. Wenn nichts passiere, werde in den kommenden Jahre „eine rote Linie überschritten“. „Was nützt die beste Einsatzmotivation, wenn die Ausrüstungssituation nicht der Einsatzbereitschaft entspricht“, sagte Van der Bellen. Und: „Ich appelliere eindringlich an die zukünftige politische Führung, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen.“
75 junge Offiziere wurden diesmal in die Armee übernommen. 45 davon für die Miliz. Auf sie legte Verteidigungsminister Starlinger besonderes Augenmerk: „Ohne Miliz kann das österreichische Bundesheer seine Aufgaben zum Schutz der Österreicher nicht entsprechend wahrnehmen.“ Deswegen müsste auch hier investiert werden. Starlinger zitierte dazu einen Milizkommandanten: „Der hat mir gesagt, wir können zwar mit unseren Privatfahrzeugen bei einer Mobilmachung in die Kasernen einrücken, aufgrund der fehlenden militärischen Fahrzeuge kommen wir aber maximal im Fußmarsch wieder heraus.“ Außerdem würde es für eine funktionierende Miliz zu den sechs Monaten Grundwehrdienst noch verpflichtende zwei Monate für Übungen benötigen.
Beim „Tag der Leutnante“ wurde auch erstmals die Statue „Pro Meritis“ für Verdienste um das Bundesheer von Milak-Kommandant Karl Pronhagl überreicht. Der erste Preisträger ist ausgerechnet Alexander Van der Bellen, der erste Bundespräsident, den die Grünen stellen.
Was es braucht, um eine stabile und funktionsfähige Landesverteidigung für Österreich herzustellen, wird im Bericht „Unser Heer 2030“ in zehn Punkten zusammengefasst. Darunter fallen die Erhöhung des Verteidigungsbudgets von derzeit 2,2 auf 3,1 Milliarden Euro im kommenden Jahr in Verbindung mit einer schrittweisen Anhebung auf ein Prozent des BIPs (Bruttoinlandsprodukt) bis zum Jahr 2030. Dann würde es bei rund 5 Milliarden Euro liegen.
Zusätzlich zum erhöhten Budget für den laufenden Betrieb braucht das Bundesheer laut dem Bericht ganze 16,2 Milliarden Euro, um sich bei Ausrüstung, Waffen, Personal und Gerät auf den gewünschten Ist-Zustand zu bringen. Alleine für die gepanzerte Mobilität der Infanterietruppe werden sechs Milliarden Euro benötigt. Für die Luftstreitkräfte liegt die notwendige Investitionssumme inklusive einem Abfangjäger-Update bei rund 2,2 Milliarden Euro.
Erhöhung des PersonalsEbenso werden die Rückkehr zum Grundwehrdienst mit einer Dauer von acht Monaten und vor allem die Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit der Miliz-Soldaten sowie die Erhöhung des Personalstandes auf 24.000 Bedienstete gefordert.
Der Zustandsbericht gliedert sich in drei Teile: Der erste Teil widmet sich dem verändernden Sicherheitsumfeld und den damit verbundenen Herausforderungen und Aufgaben. Ebenfalls analysiert werden Risiken und Folgen für die österreichische Bevölkerung, wenn das Bundesheer nicht mehr handlungsfähig ist.
Der zweite Teil beschäftigt sich damit, wie das Heer im Jahr 2030 ausgerichtet sein muss, um einen zeitgemäßen Schutz für Österreich und seine Bevölkerung gewährleisten zu können.
Die Rolle aller Waffengattungen zum Schutz der österreichischen Bevölkerung sowie der kritischen Infrastruktur und der darauf abgestimmte Investitionsbedarf sind im dritten Teil des Berichts dargestellt.
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