Fakt ist: Die WKStA ermittelt gegen drei BVT-Mitarbeiter, weil sie im Jahr 2015 angeblich auf eigene Faust die rechtswidrige Einreise des syrischen Brigadegenerals nach Österreich organisierten, ihm einen Asylstatus besorgten, und ihn, den mutmaßlichen Foltergeneral, vor der heimischen Justiz verborgen haben sollen.
Beschuldigt wird unter anderem der zuständige BVT-Sachbearbeiter Oliver L. Laut seinem Verteidiger Klaus Ainedter handelte es sich bei der sogenannten Operation „White Milk“ um „eine lupenreine Nachrichtendienstoperation des BVT mit dem Mossad, über die die Führung der BVT in Kenntnis war“.
Zu klären ist aber, warum die heimische Justiz lange Zeit nicht über den Österreich-Aufenthalt des mutmaßlichen Foltergenerals bzw. nicht vollständig über diesen brisanten Akt vom BVT informiert wurde.
Fakt ist auch: Anlässlich einer Besprechung im Oktober 2018 bei der WKStA soll BVT-Abteilungsleiter Karl L. den „Original-Gesamtakt“ der Operation „White Milk“ zur strafrechtlichen Beurteilung der Justiz übergeben haben. „Doch diese Mitteilung war nachweislich falsch“, behauptet Klaus Ainedter, der Verteidiger des BVT-Fallbearbeiters. „Für meinen Mandanten ist unerklärlich, warum seine Vorgesetzten nicht den gesamten Akt der WKStA zur Verfügung gestellt haben.“
Indes sagte der BVT-Sachbearbeiter Oliver L. zuletzt am 30. September 2021 bei der WKStA aus, dass er seinen Vorgesetzten „nicht nur einen, sondern zwei Aktenordner zur Causa übergeben hatte“.
„Im größeren Ordner war der Ermittlungsakt und im schmäleren Ordner waren die Befragungsprotokolle und Aktenvermerke“, sagte L. „Die Befragungsprotokolle wurden vom Mossad anlässlich der Vernehmungen von Khalid H. erstellt.“ Denn der Mossad wollte vom Geheimdienst-Wissen des syrischen Ex-Generals profitieren; das BVT sollte an den Infos teilhaben.
Wie der KURIER berichtete, räumte BVT-Abteilungsleiter Karl L. ein, dass er im Oktober 2020 vom damaligen BVT-Direktor Gridling aufgefordert worden sei, die Informationen zum Partnerdienst (Mossad) bzw. die klassifizierten Dokumente des Aktes „White Milk“ zeitnah zu vernichten. Karl L. kam dem aber nicht nach.
Ex-BVT-Chef Gridling gab Ende 2020 bei der WKStA zu Protokoll, dass er weder einen Aktenvermerk noch einen Bericht über die Vernehmung von Khalid H gesehen habe. Er räumte aber ein, dass „Kooperationen mit Partnerdiensten grundsätzlich geheimzuhalten und nicht gegenüber der Justiz offen zu legen sind“. Erst im Februar 2021 übergab das BMI dann der Justiz weitere Akten zum angeblichen „Foltergeneral“.
Der israelische Geheimdienst Mossad und die Operation "White Milk"
Im November 2018 dringt das Bundeskriminalamt in eine Wohnung in Wien-Ottakring ein. Diese soll als Unterschlupf für einen mutmaßlichen Folter-General aus Syrien gedient haben. Was die Kriminalisten nicht wissen: Der General ist Teil einer Geheimdienstoperation des israelischen Mossad mit dem österreichischen Verfassungsschutz (BVT). Damit diese nicht auffliegt, wurde die Wohnung kurz zuvor fluchtartig verlassen.
Khaled H., General der Staatssicherheit, war in Syrien eine große Nummer. Unter seinen Augen sollen Gefangene misshandelt und es soll auf Demonstranten geschossen worden sein. Er bestreitet jedes Wissen von solchen Gräueltaten. Warum er für Israel so wichtig ist, ist bis heute nicht restlos geklärt.
Indes versuchte der Mossad zunächst, Khaled H. in Frankreich zu verstecken, doch dort spielte die Ausländerbehörde nicht mit. Also wurde der General mit dem Auto 2016 von Paris über Salzburg und Wien nach Traiskirchen gebracht, wo der Verfassungsschutz offensichtlich Asyl für den General erschlichen hat. Die Operation wurde „White Milk“ genannt. Darüber, wer im BVT was genau wusste, gehen die Schilderungen auseinander. Eine derart heikle Operation, ohne das Wissen von zumindest Teilen der BVT-Spitze durchzuführen, das bezweifeln Insider und Experten.
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