Streit über Schweizer Gastfreundschaft: Kritik aus Ischgl empört die Nachbarn

Ischgl und das Schweizer Samnaun teilen sich ein Skigebiet.
Nach einem Interview des Geschäftsführers des Tourismusverbands Ischgl gehen bei Eidgenossen die Wogen hoch.

Andreas Steibl hat in ein Hornissennest gestochen. Der Geschäftsführer des Tourismusverbands Ischgl unterstellte den Schweizern am vergangenen Sonntag in einem Interview mit einer eidgenössischen Zeitung mangelnde Gastfreundschaft. Seither gehen bei den Nachbarn die Wogen hoch. Der Chef des Schweiz Tourismus sprach von einem "Akt der Unfreundlichkeit". Empört ist man auch in Samnaun. Mit dem Ort im Engadin teilen sich die Ischgler immerhin ihr Skigebiet. "Wir waren überrascht von den Aussagen. Es ist sicher nicht zuträglich, wenn man von Partnern solche Töne hört", sagt Niculin Meyer, Sprecher der Tourismusregion. Man habe das auch in einem Mail an die Ischgler klargestellt.

Steibl betont, dass sich seine Kritik nicht gegen Samnaun gerichtet habe. Das sei in puncto Gastfreundlichkeit "fast schon österreichisch." An seinen Aussagen hält er aber fest: "Wir Österreicher sind herzlicher und zuvorkommender. In der Schweiz spürt man eine gewisse Kälte. Mir fehlt das Gefühl, willkommen zu sein", sagt Steibl.

Er gesteht, dass er eine ganze Reihe an Reaktionen geerntet hat. "Aber das war hauptsächlich Zustimmung. Mehrere Tourismusdirektoren aus der Schweiz haben mir per Mail Recht gegeben", sagt der Touristiker aus Ischgl, der weiter nachlegt. "In der Schweiz hat man das Gefühl, dass der Gastgeber König ist und nicht der Gast." Steibl sieht auch den geringen Anteil an Einheimischen, die im Schweizer Tourismus arbeiten problematisch.

Doch der sinkt auch in Tirol zunehmend. Waren 2010 noch 56 Prozent der Beschäftigten in Hotellerie und Gastronomie Inländer, waren es 2013 bereits nur noch 51 Prozent. "Die Zahl der Einheimischen ist zwar relativ konstant. Aber jene der Beschäftigten hat zugenommen", erklärt AMS-Chef Anton Kern. Die neuen Arbeitsplätze seien zunehmend von Ausländern besetzt worden, heimischer Nachwuchs ist Mangelware.

Zurückhaltung

Tirols oberste Tourismusverantwortliche halten sich indes in der Debatte um die Schweizer Gastfreundschaft vornehm zurück. "Ich will mich nicht am Streit beteiligen, wer die besseren Gastgeber sind. Ich weiß aber, dass sich Tirols Touristiker Tag für Tag mit viel persönlichem Einsatz und auch mit Erfolg darum bemühen, perfekte Gastgeber zu sein", erklärt Tourismusreferent Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) auf Anfrage. Josef Margreiter, Chef der Tirol Werbung, betont zwar, dass 62 Prozent der Schweizer Gäste die Tiroler für gastfreundlich halten. "Mit anderen Regionen wollen wir uns dabei aber nicht vergleichen."

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