Stiefkind Kindergarten
Es ist ein zentrales Bildungsprojekt der Koalition: Die Reform der Pädagogen-Ausbildung, die künftig eine gemeinsame Grundausbildung für alle bringen soll - von der Kindergärtnerin bis zum Oberstufen-Lehrer. Besonders für die Kindergartenpädagogen ist die Reform ein großer Schritt: Ihre Ausbildung soll - endlich - auf akademisches Niveau gehoben werden.
Die schlechte Nachricht: Bis die Ersten von der Uni in den Kindergarten gehen, wird es noch mindestens zehn Jahre dauern. Denn Österreich ist so weit hinter internationalen Standards zurück, dass man die Reform praktisch bei null beginnen muss.
Mängel
Während es in Europa längst üblich ist, dass Kindergärtnerinnen auf Uni-Niveau ausgebildet werden, ist hierzulande die Ausbildung in Bakip (Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik) vorherrschend. Start mit 14 Jahren, Abschluss mit 19 - danach ergreifen nur ca. 30 Prozent überhaupt den Beruf. "Die Bakip haben guten Anschluss an die Praxis, aber in anderen Bereichen hapert es sehr", sagt Andreas Schnider, Leiter des Entwicklungsrats, der die Reform begleitet.
Dazu gehört auch eine Reform der Bakip-Lehrpläne. Derzeit entsprechen sie jenen einer AHS-Oberstufe; Pädagogik und Fachdidaktik bleiben auf der Strecke. "Der Bakip-Abschluss ist der beste in Österreich", sagt Schnider, "aber er ist absolut nicht mehr zeitgemäß. Beim fachdidaktischen Know-how sind viele Dinge nicht State of the Art, manches fehlt vollkommen." Im Frühjahr soll es neue Lehrpläne geben; im übernächsten Schuljahr will Schnider sie implementiert haben. Warum die Kindergartenschulen nicht geschlossen werden und die Ausbildung auf Unis oder Pädagogische Hochschulen (PH) verlagert wird? Ganz einfach: Weil es keine Lehrenden gibt.
Anforderungen
Cornelia Wustmann, Professorin an der Universität Graz, ist die Inhaberin des österreichweit ersten und einzigen Lehrstuhls für Frühkindpädagogik. Auch sie sagt: "Nur ein Bakip-Abschluss reicht nicht mehr, um den pädagogischen Anforderungen zu entsprechen." Das Jobprofil der Kindergartenpädagogen würde jedoch falsch wahrgenommen, sagt sie: "Man meint, im Kindergarten tut man das, was Hausfrauen oder Mütter eben tun. Das ist nur scheinbar so, es ist weitaus mehr zu leisten. Diese Unterschätzung schwingt aber auch in der Debatte um die Bezahlung mit." Was Wustmann ebenfalls vermisst: Bundesweit einheitliche Regelungen für Weiterbildung. "Zum Beispiel für fünf Bildungstage pro Jahr, die auch in der Arbeitszeit absolviert werden können."
Noch ist die Weiterbildung per Landesgesetz geregelt. So sind in der Steiermark zwölf Stunden pro Woche für Vorbereitung und Weiterbildung vorgesehen; in Wien sind in öffentlichen Einrichtungen zwei Weiterbildungstage pro Jahr geplant, bei privaten gibt es keine Vorschrift. Raphaela Keller vom Dachverband der Kindergarten- und Hortpädagoginnen kritisiert, dass die Weiterbildung oft in der Freizeit und auf eigene Kosten stattfinde. "Es muss ein Recht auf Weiterbildung geben", sagt sie. Diese sollte von PHs durchgeführt werden- und nicht, aus Kostengründen, von den Einrichtungen selbst. Keller wirft Ministerin Schmied eine "Verzögerungstaktik" bei der Reform vor: Diese hätte viel rascher umgesetzt werden können. Aber: "Es fehlt die Ernsthaftigkeit in der Politik, die besten Bedingungen für die Bildung der Jüngsten aufzubauen."
Kommentare