Die Blumen auf dem Balkon bräuchten langsam Wasser und Pflege. Doch auf einem Sperrzaun muss der Bürgermeister von Sankt Johann wissen lassen: Zutritt für alle Personen verboten!
Ortschef Johann Schmid versucht, den Betroffenen zu helfen, wo er kann. Und er gibt ihnen auch gerne weiter, dass „morgen um 10 Uhr“ ein Geologe und mit ihm ein Trupp anrücken wird, der den Hang zur Ruhe bringen soll.
„Einen Lotto-Sechser“
Auf „das Morgen“ arbeiten Thomas und Nina Hartlieb im nahe gelegenen Heimschuh an der Sulm ebenso hin. Mit all ihrer Kraft. Vater und Tochter führen die gleichnamige Ölmühle schon in fünfter Generation.
„Morgen wollen wir unser Geschäft aufsperren“, kündigt die Tochter an. „Wer hätte sich das am vergangenen Wochenende träumen lassen“, ergänzt ihr Vater. Das Wasser sei ihm, er deutet es mit seiner Hand, bis zur Brust gegangen.
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Anders als im Jahr 2014 hätte ihnen das Hochwasser nur die Chance gelassen, die fertigen Produkte (Öle aus praktisch allen Rohstoffen) in Sicherheit zu bringen. Die tonnenschweren Mühlen und Röstpfannen wurden vom Wasser überflutet.
Thomas Hartlieb weiß, dass nach dem Hochwasser vor dem nächsten Hochwasser ist. Er hat sich seinen Humor nicht nehmen lassen. Zur Frage, was er investieren muss, um das nächste Ereignis besser zu überstehen, meint er mit einem Lächeln: „Am besten einen Lotto-Sechser.“
Seine Mutter wohnt im Elternhaus gegenüber. Seit Tagen versucht sie Ordnung in den langsam trocknenden Keller, ihre halb demolierte Küche und ihre Gedanken zu bekommen. Anna Hartlieb wohnt seit 1966 hier. Sie sorgt sich um ihre Kinder: „Man fragt sich halt, wie können sie hier überleben.“
Der Heimschuher Bürgermeister Alfred Lenz schaut einen Sprung vorbei, um sich die Aufräumungsarbeiten zu inspizieren. Er ist sich mit der Familie Hartlieb einig, dass die Ortsgemeinschaft im Moment der größtmöglichen Bedrohung noch ein Stück weiter zusammengerückt ist: „Gemeinsam mit unserer Freiwilligen Feuerwehr und dem Bundesheer waren 600, 700 Menschen gleichzeitig im Einsatz.“
Nicht geholfen hätten jene zehn wütenden Anrufer, die ihren Bürgermeister dafür verantwortlich machen wollten, dass der neue Hochwasserschutz erst im Frühjahr 2024 gebaut werden soll. Faktum ist: Viel Bürokratie im Land hat den Baubeginn verzögert.
Gehirn der Gemeinde
Das Jägerbataillon 17 hat am Ende alte Akten aus dem Keller des Gemeindeamts geschleppt: Viele Pläne – das Gehirn der Gemeinde. „Rund sechzig Prozent verloren“, so Alfred Lenz. Erneut hofft er auf die Mithilfe der Heimschuher, die er bitten möchte, ihre Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen.
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