Staatsverweigerer: „Nichts anderes als Mord am Rechtsstaat“

Zwei der vierzehn Angeklagten in Graz
Das Urteil im Hochverratsprozess soll voraussichtlich am Freitag verkündet werden.

„Der Blödsinn tut weh“, seufzt einer der Verteidiger. „Mir sind die Leute, die hier sitzen, auch auf den Keks gegangen.“ Darunter wohl auch sein eigener Mandant, einer der 14 Staatsverweigerer: Am Mittwoch halten Ankläger und Anwälte ihre Plädoyers, ehe die Bühne kurzfristig wieder an die „Staatenbündler“ geht. Sie haben das letzte Wort im Verfahren.

Und es ist ein einzigartiges Verfahren. Noch nie zuvor wurde in der Zweiten Republik Hochverrat angeklagt, noch nie zuvor staatsfeindliche Verbindung. Der Hochverrat normiert das Geschworenenverfahren: Zehn bis zwanzig Jahre Haft drohen acht der Angeklagten in Graz, der Führungsriege der „Staatenbündler“. „Das gibt’s sonst nur bei Tötungsdelikten“, merkt ein Anwalt an, wie seine 13 Kollegen-Verfahrenshelfer: Die Angeklagten, die die Republik ablehnten oder es immer noch tun, lassen den Staat für ihre Verteidigung aufkommen.

Die Verteidiger tun sich schwer mit der Ideologie ihrer Mandanten: „Das ist verqueres, fehlgeleitetes Gedankengut.“ Schräg, aber harmlos, das ist ihre Verteidigungsstrategie: Die Angeklagten seien „ein Haufen knapp vor der Unzurechnungsfähigkeit stehender Personen“, sinniert ein Anwalt, deren Präsidentin, die Hauptangeklagte, sowieso nur „eine Karikatur“. Deren Verteidiger bezeichnet die Gruppe als „planlos und unorganisiert“: „Ihr Verhalten ist grober Unfug, aber Herzerlbriefe an das Bundesheer zu schreiben, ist kein Hochverrat.“

2700 Mitglieder

Das Herz war das Emblem des „Staatenbundes, der 2015 von einer 42-jährigen Steirerin gegründet wurde. In nur zwei Jahren breitete sich der „Bund“ aus, warb 2700 Mitglieder, organisierte Ländergruppen: Das sieht der Ankläger als staatsfeindliche Verbindung. Man verkaufte eigene Kennzeichen, eigene Gewerbescheine, eigene Land- statt Grundbücher, dies wertet der Staatsanwalt als Betrug. Im Jänner 2017 schickten die „Staatenbündler“ Briefe an das Bundesheer und Haftbefehle für 110 Personen gleich dazu: Das Heer soll eine Übergangsregierung bilden das bildet für den Staatsanwalt die Basis der Anklage, Hochverrat.

„Das ist nichts anderes als Mord am Rechtsstaat“, vergleicht er mit einfacher zu fassenden Delikten. „Das Militär hat Zugang zu Waffen. Natürlich ist das dann ein tauglicher Versuch zum Hochverrat. Es wäre etwas anders, wenn ich der Caritas schreiben würde.“ Die Verteidiger sehen das anders: Sie fordern Freisprüche, und zwar für jeden einzelnen. „Glaubt wirklich jemand hier, dass das Heer wegen dem Haufen einen Staatsstreich durchführt?“

Das Urteil soll am Freitag verkündet werden. Die Geschworenen müssen rund 300 Einzelfragen zu jedem Anklagepunkt beantworten, so will es das Prozedere in Schwurgerichtsverfahren: Darunter sind die sogenannten Hauptfragen wie etwa Bestimmung zum Hochverrat, Nötigung einer Regierung oder staatsfeindliche Verbindung.  Im Rahmen  der Urteilsverkündung muss dieses Konvolut vorgelesen  werden, sogar zweimal: Einmal vom Obmann der Geschworenen, einmal von der  vorsitzenden Richterin, das dauert mehrere Stunden. Erst danach werden Strafhöhen oder Freisprüche bekannt gegeben.

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