Spionage-Verdacht: Taliban halten Wiener Lehrer fest

Spionage-Verdacht: Taliban halten Wiener Lehrer fest
Seit einem Monat befindet sich der pensionierte Pädagoge Herbert F. in Afghanistan in Haft. Jetzt ist bekannt warum.

Herbert F. dürfte sich in Afghanistan auf "Erkundungsreise" befunden haben. Erst Anfang des Jahres veröffentlichte der ehemalige Lehrer einen Online-Bericht auf einer Webseite mit dem Titel "Urlaub bei den Taliban ist sicher".

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Er sei "beeindruckt" vom regen Leben auf den Basaren, auch der Autoverkehr in den Städten lasse nicht auf Verzweiflung der Menschen schließen, schrieb F. Der Urlaub dürfte ihm dann aber zum Verhängnis geworden sein. Er wurde vor rund einem Monat von den Taliban verschleppt. Nun wurde bekannt, weshalb.

Wie der Standard in einem Online-Artikel am Montag berichtet, werfen die Islamisten dem Österreicher Spionage vor. Laut einem Telegram-Posting wurde der 84-Jährige am 7. Juni in Kabul in eine Einzelzelle verlegt. Innerhalb der nächsten vier Wochen soll die "Talibangerichtsbarkeit" ein Urteil über den Vorwurf der Spionage sprechen, heißt es in dem Post.

Neo-Naziszene

Der pensionierte Lehrer ist seit Jahrzehnten in der rechtsextremen Szene in Österreich aktiv. "Herr F. ist ein langgedienter Aktivist mit Vergangenheit in der organisierten Neo-Naziszene. Er hat auch zahlreiche einschlägige Bücher und Zeitungsartikel veröffentlicht", sagt etwa Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW). Peham forscht zu Rechtsextremismus und Neo-Nazismus unter Jugendlichen, Burschenschaften, Antisemitismus, Rassismus und Islamismus. 

Der Wiener Herbert F. war ein Gründungsmitglied der Nationaldemokratischen Partei (NDP), die 1988 wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung aufgelöst worden ist. Als sogenannter "Alter Herr" ist er auch heute noch in der Burschenschaft Olympia tätig. Außerdem unterhielt er enge Kontakte zu Gerd Honsik, einem im Jahr 2018 verstorbenen Holocaust-Leugner.

2021 nahm F. an einer Demonstration der Identitären in Wien teil.

Reise nach Syrien

Die Reise nach Afghanistan, die der pensionierte Lehrer vor mehreren Wochen antrat, war nicht seine erste. Bereits in den 1980er-Jahren bereiste F. das Land, das mittlerweile von den Taliban kontrolliert wird. Vor wenigen Jahren besuchte der 84-Jährige auch Kämpfer der YPG, die in Nordsyrien gegen den IS kämpfen. Auch in den Osten der Ukraine reiste F. in den vergangenen Jahren.

Wann F. wieder zurück nach Österreich kommt, ist bislang nicht klar. Seine Familie wollte sich auf KURIER-Anfrage nicht zum aktuellen Fall äußern. Man stehe mit der Familie des Betroffenen in Österreich regelmäßig in Kontakt und bemühe sich aktiv um eine Lösung", heißt es seitens des Außenministeriums auf Anfrage.

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Konsularische Hilfsleistungen für in Not geratene Österreicher seien in Afghanistan selbstverständlich nur sehr beschränkt möglich, worauf das Außenministerium im Rahmen der Reisewarnung auch explizit hinweist, heißt es weiter.

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