"Man gewöhnt sich so schnell daran", sagt
Erich Polz. "Wir denken hier nicht mehr dran."
Der steirische Winzer steht neben einem Stück des sogenannten G-7-Zaunes, einem stärkeren Geflecht als gewöhnlicher Maschendrahtzaun, aber genauso anfällig für die Kraft der Natur. Der zweieinhalb Meter hohe Zaun ist verwuchert, eigentlich fast völlig zugewachsen.
Die Geschichte hinter dem keine 300 Meter langen Stück Zaun auf Polz’ Grundstück am Hochgrassnitzberg lässt sich nicht so einfach überdecken: Es gehört zu jener umstrittenen Sperre, die 2015/2016 an der österreichisch-slowenischen Grenze hochgezogen wurde. 3,7 Kilometer lang, wurde er ab dem Grenzübergang Spielfeld als Teil des „Grenzmanagements“ errichtet.
Der größte Teil steht auf öffentlichem Grund der Gemeinde
Straß in Steiermark, zu der Spielfeld gehört.
Winzer Polz ist einer von 18 privaten Grundstückseigentümern, die dem Bau zustimmen mussten. Er weigerte sich lange, weil er mit dessen Bild nicht einverstanden war: Die
Südsteiermark, eine Krisenregion, die sich abschotten muss. „Eine politische Entscheidung“, kommentiert Polz. „Aber man kann Österreich nicht einzäunen.“
Rückblende in Jahr 2015. Als sich die Flüchtlingsbewegungen vom burgenländischen Nickelsdorf an das steirische Spielfeld verlagerten, wirkten die Behörden überrumpelt. Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer,
ÖVP, würde sich später so an die Situation erinnern: „Ich hatte schlotternde Knie.“ Die SPÖ-ÖVP-Bundesregierung schlotterte ebenfalls und schlitterte in eine Debatte zur Grenzsicherung mit beachtlicher Energie, das Wort „Zaun“ zu umgehen.
Doch ob nun „technische Sicherung“ (ÖVP-Chef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner), „besondere bauliche Maßnahmen“ (ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner), „Türl mit Seitenteilen“ (SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann) der Zaun wurde gebaut, bis auf acht Meter: Der ehemalige Grazer ÖVP-Stadtrat Helmut Strobl verweigerte sein Okay.
Der Zaun ist aber nicht nur deshalb löchrig. Auch dort, wo er nun überwuchert steht, ist er nicht geschlossen. „Es gibt Öffnungen für das Wild, Türen für Wanderer“, beschreibt Polz. Auch die Arbeit in den steilen Weinbergen ist möglich, weil ein Teil des Zaunes nur vorbereitet wurde: Die Stipfel stecken knapp vor den Reben, der
Maschendraht blieb jedoch eingerollt. Das sei auch die Stelle, an der ihm der Zaun noch richtig bewusst werde, meint Polz. „Wenn ich die sehe, denke ich mir, Gott sei Dank seht der Zaun da nicht.“
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