Spermidinreiches Essen soll Gedächtnisleistung verbessern

Querdenker sind gefragt
Erste positive Ergebnisse in Studie in Kooperation mit FH Wiener Neustadt und Floridsdorfer Allergiezentrum.

Termin vergessen, Brieftasche verlegt, Name entfallen: Im Alter nimmt bei vielen Menschen die Gedächtnisleistung ab. Spermidin, eine Substanz, die etwa in Weizenkeimen, Nüssen, Pilzen, aber auch in der Samenflüssigkeit des Mannes vorkommt, könnte sie verlängern. Eine steirische Pflegeheimkette hat in Kooperation mit der FH Wiener Neustadt (NÖ) und dem Floridsdorfer Allergiezentrum erste Anhaltspunkte gefunden und setzt nun verstärkt spermidinreiches Essen auf den Speiseplan.

Demenz ist bereits heute eine der zentralen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Schätzungen zufolge dürften österreichweit rund 130.000 Personen mit einer Form einer demenziellen Beeinträchtigung leben, für das Jahr 2050 wird mit einer Verdoppelung der Zahl gerechnet. Die Problematik werde auch in Alters- und Pflegeheimen immer offensichtlicher, berichtete Aribert Wendzel, Direktor des Pflegeheims "Gepflegt Wohnen" in Hart bei Graz. Umso erfreulicher seien die Ergebnisse einer Studie, die die Auswirkungen von spermidinreicher Kost auf die Gedächtnisleistung untersucht hat. Sie zeige, dass Spermidin einen erheblichen Einfluss auf die geistige Fitness hat und somit als ein starker Verbündeter im Kampf gegen Demenz gesehen werden kann.

Ergebnisse

Die multizentrische, placebokontrollierte Studie unter der wissenschaftlichen Leitung von Thomas Pekar (FH Wiener Neustadt in Kooperation mit Reinhart Jarisch vom Floridsdorfer Allergiezentrum) hat mit rund 90 Bewohnerinnen und Bewohner in sechs Häusern der Pflegeheimgruppe stattgefunden. Die Ergebnisse dazu sind bereits 2019 und 2020 in der "Wiener klinische Wochenschrift" erschienen. Die Hälfte der Testpersonen aß in der Früh Semmeln, in die spermidinreiche Weizenkeime eingearbeitet worden waren, die andere Hälfte handelsübliche Backwaren.

Spermidin kommt in hohen Konzentrationen in Nahrungsmitteln wie Weizenkeimen, Brokkoli, Erbsen, Cheddarkäse, Sojabohnen oder auch Kürbiskernen vor. Das natürliche Polyamin finde sich in allen menschlichen Körperzellen u. a. reichlich im Sperma, wo es erstmals gefunden wurde - und auch im Gehirn, wie Pekar ausführte. Die Menge von Spermidin im Körper erhöht sich bei einer Beschleunigung des Stoffwechsels, bei verlangsamtem Stoffwechsel und im Alter nimmt die Konzentration ab.

Studie

Zur Bestimmung der Spermidinkonzentration und zur Messung von Stoffwechselparametern wurden den 60- bis 96-jährigen Teilnehmenden vor, während und nach Beendigung der Studie Blutproben entnommen. Die Ergebnisse zeigten eine klare Korrelation zwischen der Einnahme von Spermidin und der Verbesserung der kognitiven Leistung bei Personen mit leichter und mittelschwerer Demenz in der Gruppe, die mit der höheren Spermidin-Dosis behandelt wurde. Bei den anschließenden Gedächtnistests (Mini-Mental-State-Examen-Score und CERAD-PlusTest), der von der FH Wiener Neustadt ausgewertet wurde, habe sich bei 42 Prozent der spermidinreich Frühstückenden die Gedächtnisleistung verbessert. Bei 28 Prozent sei sie gleich geblieben und bei 30 Prozent verschlechtert.

"Das hat uns bewogen, unser Essen schwerpunktmäßig auf spermidinreiche Lebensmittel hin auszurichten. So servieren wir die gemeinsam mit der Bäckerei Putz in Sinabelkirchen entwickelten Semmeln sowie ein eigenes Schwarzbrot", berichtete Wendzel. Die für die positiven Resultate notwendige Tagesmenge sei damit beinahe abgedeckt. Die Bewohner werde weiterhin spermidinreiche Kost angeboten werden - nach einem Jahr will man die Effekte erneut prüfen.

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